Rezension Rezension (4/5*) zu Was man von hier aus sehen kann: Roman von Mariana Leky.

Wandablue

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18. September 2019
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Wie Naive Kunst: herzig.

Endlich hab ich es auch gelesen und es hat mir einige sehr nette Stunden beschert.

Es gibt Romane, die (von mir) immer mehr Punkte oder Sterne bekommen, je länger ich nach dem Lesen über sie nachdenke, weil sie nachwirken und es gibt Romane, die immer weniger Punkte oder Sterne (von mir) bekommen, je länger ich über sie nachdenke. Darum wird es Zeit, dass ich meine Rezension für „Was man von hier aus sehen kann“ schreibe, bevor es Tag wird und die Sterne am Himmel völlig verblassen.

Was mich sofort „gezogen“ hat oder hübscher gesagt für das Buch eingenommen hat, ist die wunderbare Art der Autorin zu erzählen.

Dass „Was man von hier aus sehen kann“ kein Roman ist, dessen Inhalt man Eins zu Eins auf der Realitätswaage wiegen kann, ist von Anfang an klar. Muss ja nicht. Also klopfen wir nichts auf Wahrscheinlichkeit ab. So ein Buch ist das nicht.

In der naiv wirkenden Erzählweise der nicht weniger naiv wirkenden Icherzählerin Luise verbirgt sich trotzdem oder auch gerade manche Lebensweisheit und sehr viel feiner Humor.

Als Luise eines Tages von jemandem eröffnet wird: „Ich muss dir etwas sagen!“ lässt die Autorin Luises Alarmglocken wie folgt schrillen:

„Ich dachte daran, was in Selmas Vorabendserien mit dem Satz "Ich muss euch was sagen" eingeleitet wurde. Wir sind bankrott, ich verlasse dich, Matthew ist nicht dein Sohn. William ist klinisch tot. Wir stellen jetzt die Maschinen ab.“

Das ist Humor vom Feinsten und gut beobachtetes Alltagsleben.



Um was geht es eigentlich? Grob gesagt um das Dorfleben im Westerwald. Wie die Menschen dort miteinander umgehen. Nur passt der Ton irgendwie nicht zum Westerwald. Ich meinte mich die ganze Zeit nach Brasilien versetzt zu sehen. Das Buch erinnerte mich vom Flair her an „Blumentochter“ von Vanessa da Mata. Aber Westerwald? Niemals. Dort ist der Menschenschlag viel schwerer, ebenerdiger.

Der Humor hat mir sehr gefallen und die Schreibweise rührt mich an. Nur dass halt Hübsches, wenn es zu oft wiederholt und präsentiert wird, dann weniger hübsch wird. Wiederholungen nutzen ab.

Im Prinzip konnte ich alle Wahrscheinlichkeiten und Unwahrscheinlichkeiten akzeptieren, den Schluß fand ich jedoch zu schwach für den Roman, weil die Autorin, um nicht in die Falle des Süßlichen zu tappen, ein halbherziges HappyEnd fabrizierte. Obwohl ein HappyEnd ja gut gepaßt hätte. Zu dieser Art des Erzählens. Es ist eben ein herziges Buch.

Fazit: Herziges Buch, das Spaß macht, aber halt nicht hängen bleibt. Eigentlich wie Naive Kunst: Nett anzuschauen, bleibt aber nicht auf der Netzhaut bei Licht aus.

Kategorie: Gute Unterhaltung.
Verlag, Dumont 2017


 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Fazit: Herziges Buch, das Spaß macht, aber halt nicht hängen bleibt. Eigentlich wie Naive Kunst: Nett anzuschauen, bleibt aber nicht auf der Netzhaut bei Licht aus.
Wunderbares Fazit!
Ich habe es gelesen, als alle Welt davon sprach. Da ich gerne mit der Realitätswaage messe, war Leky für mich eher ein Flop. Nicht nur das Ende, aber auch.
 

Wandablue

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Manchmal muss man diese Waage beiseite lassen. Macht man ja auch bei Märchen. Oder hast du gedacht, dass man dem Wolf wirklich Wackersteine in den Magen tat? ;-).
 
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