Rezension Rezension (4/5*) zu Slow Horses: Ein Fall für Jackson Lamb von Mick Herron.

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
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49
Wien
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Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Lahme Gäule, nur dem Anschein nach

River Cartwright, Agent der MI5, verpfuscht mächtig einen Einsatz am King’s Cross. Dafür wird er strafversetzt ins Slough House, Auffangstätte für abgehalfterte Agenten und Versager aller Art, nämlich den Slow Horses. Die tägliche Fadesse wird jäh unterbrochen, als ein junger Mann pakistanischer Herkunft entführt wird und vor laufender Kamera enthauptet werden soll.
Mir gefiel zunächst der rasante Einstieg, der verpatzte Zugriff im ersten Kapitel. Danach zieht sich zwar über Längen eine Vorstellung des Slough House und der Slow Horses. Aber lahme Gäule sind Cartwright und seine Kollegen nur dem Anschein nach, aus der öden Schrittgeschwindigkeit fallen sie nach und nach in forschen Galopp. Jeder der Slow Horses hadert mit dem eigenen Versagen. Aber es sind nicht nur ihre persönlichen Probleme, die sie beschäftigen, es sind auch die ganz allgemeinen, Radikalismus, Terrorismus, die großen Schlagworte der Angst in der heutigen Zeit. Das Cover mag ein bisschen 60er Jahre Flair vermitteln, aber das Thema ist ganz im hier und jetzt.
Dazu schafft Autor Mick Herron ordentlich Londoner Atmosphäre. Intrigen, Verschwörungen und skurrile Figuren machen dieses Buch nach der anfänglichen Durststrecke noch sehr vergnüglich. Jackson Lamb, der Leiter der Horses, ist absolut kein netter Mensch, ausgefuxt, vulgär und politisch vollkommen inkorrekt. Man muss ihn nicht mögen, seine Methoden, die blasierten Agenten im Hauptquartier auszutricksen, mochte ich hingegen sehr.
Der englische Wortwitz geht bei der Übersetzung leider unter. So ist der zweite Teil des Buches mit „Gerissene Huren“ betitelt. Ich wage zu wetten, dass nach „Slough House“ der Abschnitt „Sly Whores“ kommt.
Mit ein bisschen Durchhaltevermögen ein absolut lesenswertes Buch und jedenfalls keine 0815 Massenware, dafür bürgt schon auch der Diogenes Verlag.



 

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