Gewitterwolken schürfen über den Rücken der Pyrenäen und ein Blitz erschlägt den dichtenden Bauern Domènec, dessen junge Frau Sió mit ihrem Schwiegervater und ihren Kindern allein zurückbleibt. Doch das Leben geht weiter. Teilnahmslos beobachten die Berge das Werden und Vergehen derer, die dort leben. Die junge katalanische Schriftstellerin Irene Solà, die für diesen Roman 2020 mit dem Europäischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, erschafft und belebt eine vielstimmige und poetische Welt, erzählt durch starke Frauen und mystische Stimmen von Großeltern, Eltern, Kindern, Tieren, Geistern, dem Wald und den Wolken. Sie alle bilden diese Geschichten, die auf eine schöne und magische, aber auch tragische Art und Weise miteinander verbunden sind. Alle vereint im Kreislauf von Geburt, Leben und Tod. Solà erzählt die Geschichte der Berge, die die Erinnerung an Jahrhunderte, an geologische Epochen, politische Konflikte und die Verbindung mit der Natur umfasst.Kaufen
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„Singe ich, tanzen die Berge“ ist ein Buch, in welches ich nicht ganz so einfach reinkam, was mich zwischendurch bei manch einem Kapitel nicht ganz abholen konnte, aber dann doch häufiger glänzte als enttäuschte.
Die katalanische Autorin Irene Solà packt in ihren zweiten Roman die Geschichte einer Familie und eigentlich eines ganzen katalanischen Bergdorfes über mehrere Generationen hinweg, im 20. Jahrhundert zeitlich verortet. Der Vater einer jungen Familie stirbt durch den Einschlag eines Blitzes. Das Interessante daran: Wir Leser:innen bekommen dies aus Sicht des Gewitters erzählt, erfahren aber später auch mehr aus Sicht des Vaters, später aus der seiner Frau, Kinder aber auch anderer Dorfbewohner über das weitere Leben der Familie nach Verlust des Vaters bis hinein in das Erwachsenenleben der Kindes- und Kindeskindergeneration. Immer wieder werden von Kapitel zu Kapitel dieses Buches die Erzählperspektiven gewechselt. Und zwar nicht nur, wie schon angedeutet, zwischen den menschlichen Protagonisten, sondern es kommt auch mal ein Rehbock, eine Hündin, Pilze oder ganz andere Entitäten und Naturphänomene zu Wort. Das ist nicht nur interessant gemacht, sondern sorgt auch für ein bisschen Rätselraten, wohin wohl die Reise in diesem oder dem nächsten Kapitel gehen wird. Auch die Rahmenhandlung um die Menschen des katalanischen Bergdorfes ist teilweise rätselhaft, nicht sofort weiß man beim Lesen gleich Bescheid, wer das jetzt eigentlich ist und in welcher (familiären oder anderweitigen auch mal ferneren) Beziehung diese oder jene Person zu schon bekannten Protagonisten steht. Manchmal eröffnet sich ein Zusammenhang erst einige Kapitel später. Das macht die Lektüre aber auch nie langweilig, sondern durchaus anspruchsvoll.
Zugegeben einige Kapitel konnten mich mehr begeistern, andere weniger. Im Mittelteil wird das Buch recht experimentell und auch sehr poetisch, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen. Dort konnte es mich das Buch am wenigsten erreichen. Aber gerade das "Hunde"- und "Rehbock"-Kapitel gefielen mir sehr gut und konnten mich ob ihrer Beschreibungen wirklich erwärmen. Auch die Hauptgeschichte um die Menschen hat mich bis zum Schluss noch so richtig eingewickelt und ich fieberte im letzten Kapitel mit den Protagonisten stark mit.
Insgesamt handelt es sich hier um eine wirklich lesenswerte Lektüre. Man sollte jedoch grundsätzlich offen für die nicht lineare Erzählweise und auch sowieso für die verschiedenartigen Erzählinstanzen, sowie eine gute Portion „Sagenhaftes“ (katalanische, mystisch angehauchte Legenden spielen eine größere Rolle) sein. Dann wird die Lektüre auch zu einem sehr schönen, naturnahen Leseerlebnis.
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