Rezension Rezension (4/5*) zu Schuldig: Roman von Kanae Minato.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Verantwortung und Freundschaft

Fukase ist ein unscheinbarer Mensch, still, bescheiden und wenig selbstbewusst. Allerdings hegt er eine ganz besondere Vorliebe für Kaffee. So lernt er in einem Spezialcafé auch Mihoko kennen und lieben. Doch eines Tages erhält Mihoko einen seltsamen Brief.
„Kazuhisa Fukase ist ein Mörder!“, steht da geschrieben. Damit konfrontiert erinnert sich Fukase an einen verhängnisvollen Wochenendausflug mit Studienkollegen vor längerer Zeit, von denen einer von ihnen, Yoshiki Hirosawa, nicht mehr lebendig zurückkehrte. Fukase macht sich auf eine Spurensuche in die Vergangenheit, um die Ereignisse von damals zu verarbeiten.
Schuldig ist nach Geständnissen das zweite Buch von Kanae Minato, das ich gelesen habe. Der Auftakt dieses Romans ist zunächst eher schleppend. Wir erfahren zwar sehr viel über die richtige Zubereitung von Kaffee (was ich in einem japanischen Roman schon auch wieder interessant fand), aber noch nicht viel über die auftretenden Personen. Die Spannung baut sich ganz langsam und subtil auf. Immer mehr erfährt Fukase über Hirosawa, aber auch der Leser über Fukase.
Kanae Minato wird in Japan als „Königin des Iyamisu“ gehandelt, einem Untergenre für Thriller, das sich insbesondere um die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele dreht. Meisterhaft hat sie das in Geständnisse umgesetzt. Schuldig ist viel weniger invasiv oder schockierend. Es ist nicht ein perfider Plan im Fokus, der den Tod Hirosawas rächen will. Das Buch war für mich überhaupt nicht als Krimi oder Thriller angelegt, auch wenn es einen Todesfall gegeben hat. Es widerstrebt mir, auch nach dem sehr effektiven Schlussakkord, dieses Buch als Suche nach einem Mörder zu sehen. In Schuldig erzählt die japanische Autorin über Wert und Intensität von Freundschaft, von Trauer und dem Wunsch, das Gewissen zu erleichtern. Es rührt sehr intensiv an der Sehnsucht, wahrgenommen zu werden. Wie viel gibt man in einer Freundschaft über sich preis, was behalten wir für uns. Wie gut kennt man die Menschen, die einem eigentlich nahestehen. Welche Verantwortung tragen wir uns selbst und anderen gegenüber. Welchen gesellschaftlichen Zwängen unterliegen wir. Das sind die Fragen die für mich in diesem Buch im Zentrum stehen. Und das hat Kanae Minato sehr eindrucksvoll umgesetzt.


 
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