Rezension Rezension (4/5*) zu Rosie: Szenen aus einem verschwundenen Leben von Tremain, Rose.

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Gelungenes Memoir

Rose Tremain schreibt ganz wunderbar, und mit der gleichen Leichtigkeit, die den Stil ihrer Romane ausmacht, erzählt sie von ihren Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend, ohne Groll auf ihre Familie.

Das neue Buch von Rose Tremain „Rosie“ ist eine autobiografische Erzählung, bei der sich die gefeierte Autorin einzelne Episoden aus ihren Kindheits- und Jugenderinnerungen herauspickt und anhand dieser das Familiengeflecht aufzeigt. Sie wuchs trotz der Nachkriegszeit in der gehobenen Londoner Mittelschicht in Wohlstand auf, bei ihrer Mutter oder bei den Großeltern auf dem Landgut. Doch es fehlte die Wärme in der Familie, einzig bei ihrer Nanny Vera, die sich Rosie heimlich als ihre wahre Mutter erträumt, findet sie als Kind Geborgenheit. Die Mutter, unfähig sich den Kindern zu widmen und statt dessen beschäftigt damit, die für sie verlorene Zeit aufzuholen, nimmt sich einen neuen Partner und verfrachtet die beiden Mädchen wie Störfaktoren in ihrem neuen Leben kurzerhand ins Internat, wo Rosie Freundschaften knüpft und ihr künstlerisches Talent durch zwei Lehrerinnen gefördert wird und sie letztlich ihre Bestimmung, das Schreiben, findet.

Mit bestechender Aufrichtigkeit, ohne Groll auf ihre Familie bewegt sich Rose Tremain in diesem Memoir durch ihre Erinnerungen. Sie sucht nach Verständnis für ihre rastlose frustrierte und überforderte Mutter, die ihre Jugendjahre an den Krieg verlor, hat einen scharfen, kritischen und nicht weichgezeichneten Blick auf ihr Umgebung und zeichnet alles dennoch voller Liebe nach.
Faszinierend ist dabei, dass es Rose Tremain schafft, so leichtfüßig zu schreiben, trotz der schweren Kost, die sie dem Leser serviert. Die Geschichte ist erschütternd und zugleich heiter, fast tröstlich, und vermag zu vermitteln, dass Rose Tremain mit ihrer Vergangenheit versöhnt und mit sich selbst im Reinen ist.

Interessant ist zudem, dass Rose Tremain aus ihren kindlichen Begegnungen das Grundgerüst bzw. Figuren für spätere Romane bezog, und dass sie durch Fußnoten an entsprechenden Stellen den Leser daran teilhaben lässt.

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen, Rose Tremain erzählt eine berührende Geschichte voller Wärme und Weisheit, ohne Bitterkeit, zusammengesetzt aus vielen kleinen Episoden, ohne den roten Faden dabei zu verlieren.