Rezension Rezension (4/5*) zu Nichts weniger als ein Wunder: Roman von Markus Zusak.

Leseglück

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7. Juni 2017
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Buchinformationen und Rezensionen zu Nichts weniger als ein Wunder von Markus Zusak
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Der Brückenbauer

Auf dem Cover des Romans "Nichts weniger als ein Wunder" von Markus Zusak sieht man den Umriss eines jungen Mannes, der auf einer schönen, antik anmutenden Brücke sitzt. Dieser junge Mann ist Clay, der tragische Held des Romans. Er ist einer von fünf jungen Brüdern, die alle zusammen in einem Haus am Rand von Sidney wohnen. Matthew, der älteste der Dunbar - Jungen, erzählt uns Lesern die Geschichte seiner Familie und die besondere Rolle, die sein Bruder Clay darin gespielt hat.

Im ersten Kapitel heißt es:

"Ich will dir von meinem Bruder erzählen,
von dem vierten der Dunbar - Jungen namens Clay
Ihm ist alles passiert
Und er hat uns alle verändert."

Diese vier Zeilen geben einen Eindruck von dem besonderen Schreibstil, in dem der Roman geschrieben ist. Passagen mit flüssig und spannend zu lesener Prosa werden unterbrochen durch kurze Zeilen, die teilweise wie Gedichte wirken. Es ist eine eher indirekte Art, eine Geschichte zu erzählten: über Dialoge und Andeutungen, die man nicht immer auf Anhieb versteht. Ich fand den Roman nicht leicht zu lesen. Er erfordert doch etwas Geduld und Konzentation, zumal er mehr als 600 Seiten lang ist. Manchmal war es mir ein wenig zu viel des Guten, zu viel Metaphern und bedeutungsschwere Sätze.

Insgesamt aber hat mich der Roman doch berührt. Die Geschichte der Familie Dunbar wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Die Mutter der Jungen stirbt an Krebs als der älteste 17, der jüngste 6 Jahre alt war. Clay, der sensibelste und freundlichste der Jungen trägt am meisten an dieser Tragödie. Der Vater der Familie verschwindet einige Zeit nach dem Tod seiner Frau, so dass sich die Jungen allein durchschlagen müssen. Matthew arbeitet auf dem Bau, um sich und seine Brüder zu ernähren. Wir Leser dürfen an der raubeinigen Art des Zusammenlebens der Brüder teilhaben. Hier spürt man deren Liebe zueinander in jedem Satz.
Zwischen den Söhnen und dem Vater besteht eine tiefe Kluft. Nach einigen Jahren taucht der Vater wieder auf. Er lebt allein im Outback an einem Fluss, der nur bei starkem Regen Wasser führt. Überraschenderweise bittet er nun seine Söhne mit ihm zusammen eine Brücke über dieses Flussbett zu bauen.
Nur Clay ist bereit, dies auf sich zu nehmen. Er baut mit fast übermenschlicher Anstrengung eine wunderschöne und stabile Brücke. Wird es auch eine Brücke zwischen den Brüdern und dem Vater werden? Eine Brücke zwischen der Vergangenheit und Zukunft? Stück für Stück setzt sich in dem Roman - während die Brücke gebaut wird - das ganze Bild der Familientragödie zusammen. Ein Bild von Schuld, Verrat und Trauer. Aber auch von tiefer Liebe zueinander.

Als Fazit kann ich sagen, dass es sich für mich gelohnt hat, den Roman zu lesen. Es ist ein Roman über große Gefühle. Er erzählt von Verlust und Trauer und von der fast schmerzhaften Liebe in einer Familie. Es ist ein Roman, der unter die Haut geht.