Deutsch-Südwestafrika, 1904. Beginn eines erbarmungslosen Kolonialkrieges, den das Deutsche Kaiserreich gegen die aufständischen Herero und Hottentotten führt. An der Spitze der für ihre Freiheit kämpfenden Schwarzen steht Jakob Morenga, ein früherer Minenarbeiter. Was damals mehr als drei Jahre lang in dem heute unabhängigen Namibia geschah, hat Uwe Timm in einer Montage von historischen Dokumenten und fiktiven Aufzeichnungen des Oberveterinärs Gottschalk aus Hamburg zu einem grandiosen historischen Roman verdichtet.Kaufen
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Morenga ist nicht der "grandiose historische Roman", den der Klappentext in Aussicht stellt. Er ist vielmehr eine Mischung aus fiktiver Erzählung, Auszügen aus historischen Dokumenten, Gefechtsberichten und Abschnitten zur Landeskunde. Das macht ihn aber nicht weniger lesenswert.
Das verbindende Element der Romanhandlung ist die wohl fiktive Geschichte um dem Ober-veterinär Johannes Gottschalk, der im Jahr 1904 nach Deutsch-Südwestafrika kommt. Dort haben sich die Herero und Nama gegen die deutschen Kolonialherren erhoben. Der Aufstand wird nach zähem Ringen durch die deutschen Truppen blutig niedergeschlagen. Die Herero und Nama werden dabei nahezu ausgelöscht. Gottschalk ist Teil dieses Geschehens und erlebt Vieles aus erster Hand. Hat ihn anfangs die Abenteuerlust nach Afrika getrieben, so erkennt er über die Zeit das Unrecht, dass den Herero und Nama angetan wird.
Die Geschichte Gottschalks wird mehrfach unterbrochen. Zu ausgewählten Themen werden Tatsachenberichte eingeflochten. Beeindruckend und abschreckend fand ich insbesondere die Auszüge aus dem Aktenbestand des Gouvernements von Deutsch-Südwestafrika zu den Vorzügen des Vollzugs der Prügelstrafe an den Eingeborenen mit einem Tauende (statt einer Nilpferdpeitsche). Daneben gibt es recht ausführliche Gefechtsberichte, bei denen ich vermute, dass sie auf Tatsachen beruhen, die ich allerdings recht ermüdend fand. Sehr interessant fand ich dagegen die Berichte zur Landeskunde. Diese bilden eine in sich abgeschlossene eigene Geschichte der Kolonialisierung Deutsch-Südwestafrikas, die mit dem Aufstand der Herero und Nama endet. Dieser Teil der Erzählung gibt einen sehr anschaulichen Einblick, wobei ich nicht beurteilen kann, inwieweit hier Tatsachen und Fiktion miteinander vermischt wurden.
Was mich anfangs verwirrte, die stetige Vermischung fiktiver und tatsächlicher Elemente, scheint Absicht des Autors gewesen zu sein. Das Buch ist dadurch weder eindeutig Sachbuch noch Roman. Es bildet eine eigene Gattung und ist am Ende durchaus "rund".
Insgesamt ist das Leseerlebnis nicht einfach. Das Buch ist keinesfalls eines, dass man "zwischendurch" lesen könnte, sondern erfordert immer volle Aufmerksamkeit. Dennoch hat es bei mir einen guten Eindruck hinterlassen, wenn ich auch nicht vollends begeistert bin. Daher gibt es von mir gute vier Sterne.
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