Rezension Rezension (4/5*) zu Meine Zeit mit Eleanor von Amy Bloom.

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Buchinformationen und Rezensionen zu Meine Zeit mit Eleanor von Amy Bloom
Kaufen >
Was hätte sein können!

Washington 1932, Franklin D. Roosevelt ist am Weg zur Präsidentschaft der Vereinigten Staaten. Die junge Reporterin Lorena Hickock soll für ihre Zeitung aus dem Leben des Ehepaares Roosevelt berichten, von kleinen alltäglichen, eventuell sogar pikanten Details. Doch als „Hick“, wie die junge Frau genannt wird, Eleanor Roosevelt kennenlernt, zeigt sie mehr Interesse an der Gattin als am Kandidaten. Nach der Wahl Roosevelts gibt Lorena Hickock ihren Beruf auf, zieht mit den Roosevelts ins Weiße Haus, wird die Geliebte Eleanors.
Amy Bloom hat viel Zeit mit Eleanor und Lorena verbracht. Die Autorin betont: „Ich habe mich bei der Arbeit an diesem Buch nach bestem Wissen und Gewissen an die bekannten Fakten hinsichtlich Geographie und Chronologie sowie der Sitten und Gebräuche jener Zeit gehalten und Bücher von Historikern herangezogen. Dessen ungeachtet ist der Roman von der ersten bis zur letzten Seite fiktiv.“
Alles was Bloom über Eleanor und Lorena, aber auch über Franklin Roosevelt schreibt könnte so passiert sein. Das Ehepaar Roosevelt hatte wohl ein Privatleben, aber nicht unbedingt ein gemeinsames. Über Affären des Präsidenten mit der Sekretärin oderanderen Frauen wurden schon immer gerne berichtet. Die (angebliche) Liebschaft Eleanors war ein untervorgehaltener Hand bestätigtes Gerücht. Amy Bloom trifft bei dieser außergewöhnlichen Lebens- und Liebesgeschichte immer den Ton. Es ist kein schlüpfriges Skandälchen, über das sie schreibt. Sie begegnet Eleanor und Lorena mit Respekt. Zwei besondere Frauen stehen im Mittelpunkt dieses Romans. Zwei Frauen, die sich zueinander hingezogen fühlen, die miteinander vertraut sind, die sich gegenseitig Zuneigung schenken, und dabei aber nicht unterschiedlicher sein könnten.
Lorena „Hick“ ist die Erzählstimme, ihr burschikoses Auftreten überspielt in vielerlei Hinsicht ihre Vergangenheit. Aus desolaten Verhältnissen, ohne großartige Bildung und ohne familiärer Unterstützung wurstelt sich Lorena aus einem Morast von Unterdrückung und Misshandlung. Eleanor hingegen kannte das Weiße Haus schon als Mädchen, kennt das Zentrum der Macht. Ihre Beziehung lebten sie nicht nach außen. Mit den Jahren gingen sie immer wieder auseinander und wieder zusammen. Berührend fand ich ihr Miteinander, als sich die beiden nach dem Tode Roosevelts wieder begegnen, nicht mehr jung, nicht mehr ganz so euphorisch und doch unendlich vertraut.
„Niemand schrieb je einen Artikel über Eleanor und mich.“ Amy Bloom, erzählt, was hätte sein können.


 
  • Hilfreiche Rezension
Reaktionen: kingofmusic