Rezension Rezension (4/5*) zu Mein unfassbarer Sommer in Sitebüttel von Andreas Tietjen.

hulahairbabe

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16. März 2020
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Eine verrückte Reise in den Sommer 1975

Tim ist ein ganz normaler 17-Jähriger Junge aus Hildesheim, der seine Freizeit gerne mit Online-Games verbringt. Als sein Uronkel Micha ihn an seinem Geburtstag zu einem Ausflug aufs Land einlädt, weiß Tim noch nicht, dass dieser Sommer der aufregendste seines Lebens werden würde. Mit der Vespa geht es auf nach Sitebüttel, wo die beiden bei einer Hippie-Rock-Musiker-WG einziehen. Bald schon erkennt Tim, dass auf dem niedersächsischen Hof die Zeit nicht stehen geblieben, sondern wirklich zurückgedreht wurde. Gemeinsam mit Uronkel Micha erlebt Tim die Perlen der damaligen Zeit: Neben wilden Rockfestivals bis hin zur klassischen Hippie-Kultur, lernt Tim seine große Liebe Nele kennen. Doch wie soll diese Liebe bestand haben, befindet sich Tim doch im Jahr 1975? Und wer hat Micha’s Vater ermordet?

In „Mein unfassbarer Sommer in Sitebüttel“ nimmt Andreas Tietjen den Leser mit in seine Jugendzeit. Ich selber war zu der Zeit noch nicht geboren, konnte mich aber sehr gut in die damalige Zeit hineinversetzen. Genau so habe ich es mir vorgestellt. Neben den Beschreibungen der Umgebung und der Menschen, hat mir besonders gut gefallen, dass auch die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Jugendlichen von damals und heute thematisiert wurden. Es war schön zu lesen, dass Tim das ein oder andere Mal überrumpelt war. Auch die Annehmlichkeiten der Neuzeit (z.B. Handy) waren in 1975 noch kein Thema und haben Protagonist Tim vor einige Herausforderungen gestellt. Generell hat mir der Charakter „Tim“ gefallen und ich konnte seine Handlungen und Gedanken gut nachvollziehen. Uronkel Micha fand ich auch sympathisch, hatte aber ab und an Probleme seine Intention zu verstehen.
Ebenfalls gefallen hat mir die ganze Mordermittlung. Die hat durchaus nochmal viel Spannung reingebracht. Man lernt sehr viele Charaktere aus der Vergangenheit kennen und überlegt beim Lesen die ganze Zeit, wer wie verbandelt ist. Zwischen drin werden immer wieder Fragen geklärt und Neue aufgeworfen. Ich fand das super gelöst und so blieb die Geschichte spannend bis zum Schluss. Anfangs fand ich die unterschiedlichen Zeitschienen und Verwandtschaftsverhältnisse noch recht verwirrend, das hat sich aber über das Buch gut auflösen können. Durch die Zeit reisen ist nun mal kein Pappenstiel.
Etwas dünn fand ich die Ausarbeitung der Beziehung zwischen Nele und Tim. Die Gefühle füreinander sind gut herausgearbeitet, aber ich habe mich am Ende trotzdem gefragt, warum es mit den beiden so gekommen ist… Mehr möchte ich dazu nicht verraten, weil ich nicht spoilern will.
Sprachlich ist das Buch sehr direkt und einfach, was mir gut gefallen hat. Die Vergangenheit wird ausgiebig beschrieben, ohne übermäßig auszuschweifen.

Alles in allem hat mir das Buch echt gut gefallen. Ich kann mir vorstellen, dass es insbesondere für Menschen, die selber das Jahr 1975 erlebt haben, nochmal eine kleine eigene Zeitreise sein kann. So oder so kann ich das Buch jedem empfehlen, der gerne einen Sommer in Sitebüttel 1975 verbringen möchte und Lust hat ein bisschen Detektiv zu spielen.