Rezension (4/5*) zu Kriegslicht: Roman von Michael Ondaatje

wal.li

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1. Mai 2014
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Buchinformationen und Rezensionen zu Kriegslicht: Roman von Michael Ondaatje
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Der Faöter

Kurz nach dem zweiten Weltkrieg werden die jugendlichen Geschwister Nathaniel und Rachel von ihren Eltern in der Obhut eines befreundeten Mannes zurückgelassen. Die Gewischter nennen ihn den Falter und er wird ihnen für eine Weile zum Familienersatz. In seiner Welt lernen sie auch den Boxer und seine Freunde kennen. Dieser scheint ein Schmuggler und Gauner zu sein, der ihnen besonders Nathaniel auf seinen Touren etliche Abenteuer verschafft. Doch wieso mussten die Eltern fort und wohin sind sie? Nathaniel macht sich viele Gedanken, zwar genießt er seine Jugend, aber irgendwie vermisst er seine Eltern doch.

Natürlich erzählen Eltern Kindern nicht alles. Manches wollen sie nicht sagen, manches dürfen sie nicht sagen. Doch so relativ sang und klanglos zu verschwinden, ist schon nicht einfach zu ertragen. Auch wenn sich der Falter und der Boxer bemühen, Nathaniel und Rachel gut zu betreuen, ist es doch etwas anderes als eine normale Familie zu haben. Oder ist es garnicht so schlimm? Schließlich war und ist es in England durchaus üblich, Kinder früh zur Schule zu schicken und in der Folge auch früh in Internate zu geben. Doch besonders für Nathaniel bleibt eine Lücke, die er in späteren Jahren füllen möchte. Seine unbekannten Eltern sollen zu solchen werden, die er kennt.

Im Krieg ist es das Wichtigste zu überleben, Gedanken an die Familie müssen häufig zurückstehen. Manches dient sicher auch dem Schutz der Lieben, für die es besser ist, nicht zu viel zu wissen. In diesem Buch ist es sehr fesselnd zu lesen, welche große Resilienz die Jugendlichen besitzen. Gleichzeitig staunt man über die Geschichte insbesondere der Mutter, dieses unbekannte Wesen. Gespannt verfolgt man, was Nathaniel als Erwachsener herausfindet, wie er aus Kleinigkeiten ein Bild zusammensetzt. Er wirkt eher verzeihend, während Rachel eher anklagt. Doch hat ihre Mutter eine Wahl gehabt? Das bleibt ungewiss, wie einige andere Kleinigkeiten. Normal vielleicht, wenn den Fragen erst Jahre später nachgegangen wird. Dennoch verschlingt man diesen Roman um ungewöhnliche Lebenswege von Eltern und Kindern, die sich unter dem Eindruck des zweiten Weltkrieges entwickelt haben.

4,5 Sterne


von: Sabrina Janesch
von: Monika Maron
von: Dagmar Schifferli
 

Christian1977

Bekanntes Mitglied
8. Oktober 2021
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47
"Kriegslicht" ist einer meiner absoluten Lieblingsromane der jüngeren Vergangenheit. Schön, dass er dir auch so gut gefallen hat.

Ich muss noch oft an die Szene denken, in der Nathaniel den ängstlichen Windhund die Treppen raufträgt. Das hat sich richtig eingebrannt bei mir und mich wahnsinnig berührt.
 
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