Rezension Rezension (4/5*) zu Kallocain: Roman von Karin Boye.

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Gelöschtes Mitglied 2403

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Ein Blick in das Grauen

Ein wirklich unangenehmer Mensch der Gattung Untertan blickt auf den totalitären Staat. Leo Kall, Untertan und egozentrischer Chemiker mit Geltungsdrang. Ein düsterer und überzeugender und abschreckender Blick wird hier in "Kallocain" geworfen! Karin Boye, eine schwedische Autorin, schreibt dieses Buch 1940. Dabei merkt man diesem Buch sein Alter nicht unbedingt an. Das mag vielleicht an der 2018 erfolgten Übersetzung von Paul Berf liegen. 2018 gibt btb dieses Buch als bisher dritte Übersetzung ins Deutsche heraus. Vielleicht hatte die Autorin aber auch einen etwas zeitlosen und passenden Schreibstil. Eine Dystopie wurde hier 1940 geschrieben, ein Blick auf einen totalitären Staat und das in einer Zeit, wo es einige beunruhigende Beispiele zu diesem Thema gab. Diese Dystopie ist nachhallend und düster und hat leider ihre Authentizität nicht verloren. Denn auch heute gibt es Beispiele in der Welt, die verstörend sind und deren Herrscher sich über ein Wahrheitsserum wie Kallocain sicherlich sehr freuen würden. Wie es auch heute Menschen gibt, die Kallocain erfinden würden und keinerlei Unrechtsbewusstsein hätten und andere Menschen ohne ein Wimperzucken bei höhergestellten Institutionen anschwärzen würden, ohne an die Folgen zu denken, oder sogar froh über diese Folgen wären. Ein wichtiges Buch! Immer noch. Und wahrscheinlich noch sehr lange. Wie dies auch gerade der Umgang mit einem gefährlichen Virus hervorragend zeigt! Denn Menschen neigen leider zu recht selbstzerstörerischem Verhalten. Wie keine andere Art. Und dies trotz ihres hohen Intellekts. Obwohl man manchmal an diesem hohen Intellekt zweifeln könnte, wie manch vorhandene und gegangene Diktatur zeigen und zeigten und der Umgang mit diesem Virus gerade so anschaulich zeigt.