Rezension Rezension (4/5*) zu Geheimtipp Nordzypern: Unser Abenteuer vom Auswandern von M. A. Abraham.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Sich das Träumen nicht nehmen lassen...

Die wahre Geschichte zweier Menschen über einen Schritt in ihrem Leben, der nicht wirklich geplant war. Ein Buch über Träume, Hoffnungen und was daraus werden kann, wenn man beschließt, sie wahr werden zu lassen.

Bei dem Cover dachte ich ehrlich gesagt an einen typsichen Reiseführer, doch da ich von Zypern bislang nur wusste, dass es im Mittelmeer liegt und dass es dort einen griechischen sowie einen türkischen Landesteil gibt, wurde ich neugierig. Ich erwartete traumhafte Fotos und knapp gehaltene Insider-Tipps, die, sollte ich jemals in Erwägung ziehen, dort meinen Urlaub zu verbringen, mir vielleicht einen kleinen touristischen Vorteil verschaffen könnten.

Doch weit gefehlt. Kein Reiseführer erwartete mich hier, sondern der Erfahrungsbericht einer über 60Jährigen, die vor drei Jahren mit ihrem Mann nach Nordzypern ausgewandert ist. Sollte ich da wirklich einen Blick wagen? TV-Formate wie 'Goodbye Deutschland' (VOX) sprechen mich nicht wirklich an, da diese ohne eine gehörige Portion Drama nicht auskommen. Weshalb sollte es hier anders sein?

Zögernd las ich schließlich die ersten Seiten und war überrascht zu erfahren, dass die Autorin mit über 60 und ihr Mann mit über 70 fast Knall auf Fall beschlossen, Deutschland den Rücken zu kehren und nach Nordzypern auszuwandern. Er erhielt bereits eine bescheidene Rente, sie arbeitete noch jeden Tag, würde bald alber eine ebenso bescheidene Rente erhalten. Worthülsen wie 'Altersarmut' geisterten durch ihre Köpfe, und da ihr Sohn bereits auf Nordzypern lebte, beschloss das Paar, ihm zu folgen. Fast alle Besitztümer wurden verkauft, nur ein paar Koffer gepackt und los ging es.

Blauäugig, so war mein erster Gedanke, noch dazu ohne Reißleine, denn es gab nichts mehr, wohin sie hätten zurückkehren können - selbst die Krankenkasse war gekündigt. Und außer Deutsch konnten die beiden keine andere Sprache, weder Türkisch noch das in Nordzypern weit verbreitete Englisch. Ich wartete auf die Ernüchterung, die sich doch sicher zwangsläufig einstellen musste, sobald das Paar realisiert haben würde, dass sich Urlaub und Alltag doch sehr voneinander unterscheiden.

Tatsächlich fuhren die Autorin und ihr Mann nicht ohne Ängste und Bedenken los. Sei es die Unklarheit bezüglich finanzieller Aufwendungen, sei es die Unkenntnis hinsichtlich des Gesundheitswesens - hier gab es viele Unsicherheiten. Doch M. A. Abraham und ihr Mann wurden ein ums andere Mal überrascht - positiv. Zunehmend hatte ich beim Lesen den Eindruck: zu schön um wahr zu sein! Und wartete auf den Haken.

Doch die Senioren wurden für ihren Mut belohnt. Es fügte sich alles zu ihrer Zufriedenheit, und als es ihnen gelang darauf zu verzichten, stets 'deutsche Maßstäbe' anzulegen, wuchs das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben und das Leben einfach nur noch genießen zu können. Das Buch beweist: man muss sich auch im Alter das Träumen nicht nehmen lassen...


"Morgen ist irgendein Bild in der Vorstellung, Gestern eine verblassende Erinnerung im Kopf - Das, was wichtig ist und was es zu genießen gilt ist der ständig andauernde Moment des Jetzt. Und den haben mein Mann und ich mit einem Leben gefüllt, das uns Tag für Tag nichts bereuen lässt..."


Der Erfahrungsbericht liest sich flüssig und interessant. Dabei verschweigt die Autorin nicht die zahllosen anfänglichen Bedenken und auch einige störende Aspekte, die in ihrer Wertigkeit aber hinter den immer offensichtlicheren Vorteilen eines Lebensabend in dieser schönen Ecke der Welt schließlich weit zurückfielen. M. A. Abraham hat eine gute Balance gefunden zwischen einem interssanten Erfahrungsbericht für Neugierige wie mich und einem Ratgeber für etwaige Auswanderungswillige. Dabei weist sie mehrfach darauf hin, dass sie gerne bereit ist, via E-Mail Fragen zu beantworten und detailiertere Tipps zu geben, die hier den Rahmen gesprengt hätten.

Die Lektüre dieses Buches hat bei mir zweierlei bewirkt: Ich bin sehr neugierig geworden auf dieses interessante Land, und mein Mut wurde bestärkt, einfach mal aus dem Alltag auszubrechen und wieder abseits des Weges zu schauen. Sich das Träumen nicht nehmen lassen - auch und gerade im Alter nicht. Hier wird gezeigt, wie es geht...


© Parden