Rezension Rezension (4/5*) zu Frostmond: Kriminalroman von Frauke Buchholz.

Yolande

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13. Februar 2020
1.797
6.592
49
Highway of Tears

In Montreal wird die Leiche einer jungen Indianerin angespült. Es handelt sich um die 15jährige Jeanette Maskisin, die vor kurzem aus einem Cree-Reservat aus dem Norden Québecs in die Stadt kam. Eigentlich werden solche Fälle eher nachlässig gehandhabt, aber in letzter Zeit wurden mehrere Frauenleichen mit den gleichen Tötungsmerkmalen aufgefunden und die indianischen Verbände und auch die Presse üben Druck auf die Ermittlungsbehörden aus und wollen rasche Ergebnisse. So bekommt der desillusionierte und in einer Lebenskrise steckende Jean-Baptiste LeRoux, ein Sergeant der Sûreté du Québec einen Profiler der englischsprachigen Royal Canadian Mountain Police (RCMP), Ted Garner, zur Seite gestellt. Die Gegensätze zwischen den beiden könnten nicht größer sein. Hier der korrekte, fast pedantische Garner, auf der anderen Seite LeRoux, dessen private Probleme so großen Raum einnehmen, dass er für seine polizeiliche Arbeit kaum Energie aufbringen kann. Die Ressentiments zwischen den verschiedensprachigen Bevölkerungsteilen Kanadas scheinen größer zu sein, als ich vermutet habe und LeRoux und Garner treffen mit den größten Vorurteilen aufeinander. „Froschfresser“ gegen „Hinterwäldler“. Beiden gemeinsam sind allerdings die Vorbehalte gegenüber der indigenen Bevölkerung, in ihren Augen alles minderwertige und alkohol- oder drogenabhängige Nichtsnutze, die auf Kosten der kanadischen Steuerzahler leben. Natürlich stoßen die beiden Ermittler auf eine Mauer des Schweigens, das Misstrauen gegenüber den Behörden ist groß. Jeanettes Cousin Leon lebt noch im Reservat und versucht, die alten Traditionen und Lebensweisen der Cree-Indianer aufrechtzuerhalten und sein eigenes Leben danach auszurichten. Ihn erreichte vor einiger Zeit ein Hilferuf Jeanettes und nun fühlt er sich schuldig. Deshalb bricht er Richtung Montreal auf, um ihren Mörder auf eigene Faust zu finden.

Meine Meinung:

Die Autorin lebte für einige Zeit in einem Reservat der Cree-Indianer und lernte so die teils katastrophalen und menschenunwürdigen Bedingungen kennen, unter den die Menschen dort leben. Auch das Verschwinden junger Frauen meist indianischer Herkunft entlang des Transcanda Highways ist leider traurige Realität.

Zu Beginn war ich wirklich sehr angetan von dieser Geschichte. Die gegensätzlichen Ermittler und das Thema des alltäglichen Rassismus gegenüber der First-Nation-Bevölkerung versprachen eine spannende Lektüre. Auch der gehobene Schreibstil ist sehr ansprechend. Der Anfang ist vielleicht aufgrund der ausführlichen Charakterbeschreibungen wenig „krimiartig“, aber gerade das hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich mit der Figur des Sergeant LeRoux wenig anfangen konnte. Ungefähr ab der Mitte des Buches nimmt die Geschichte Fahrt auf und es wird richtig spannend. Allerdings kommt es hier zu einigen seltsamen Zufällen und Konstruktionen, die mich nicht überzeugen konnten. Die Handlungsweisen einzelner Figuren sind wenig nachvollziehbar und, für mich, auch stellenweise unglaubwürdig. Die Hintergründe der Mordtat sind erschreckend, aber durchaus schlüssig, doch es gibt einige merkwürdige Nebenschauplätze, die aus dem Nichts auftauchen und wohl als Ablenkungsmanöver dienen sollen. Vielleicht stehe ich mir hier als Leser selbst im Weg, dass ich solche Begebenheiten zu sehr hinterfrage und mich dann leider auch an Kleinigkeiten aufhänge, aber mir hat es den ersten guten Eindruck leider ziemlich geschmälert. Es ist ohne Frage ein gutes Buch mit einem wichtigen Thema, nur die Auflösung und das Ende hätte ich mir etwas durchdachter und differenzierter gewünscht. Deshalb kann ich leider nur 3,5 Sterne vergeben, die ich auf 4 Sterne aufrunde.
 
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kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.311
18.969
49
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Erst dachte ich "Wow, so eine lange Rezension!" bis ich gemerkt habe, dass der Text zweimal direkt untereinander steht :D. Nichts desto trotz ist deine Rezension sehr lesenswert! :cool:
 

Yolande

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13. Februar 2020
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Erst dachte ich "Wow, so eine lange Rezension!" bis ich gemerkt habe, dass der Text zweimal direkt untereinander steht :D. Nichts desto trotz ist deine Rezension sehr lesenswert! :cool:
Vielen Dank :)
Leider gab es Schwierigkeiten beim Posten, die Rezension erschien erst mal nicht richtig und jetzt das :confused::eek: