Rezension (4/5*) zu Elektra, die hell Leuchtende von Jennifer Saint

theblackswan

Neues Mitglied
11. März 2022
19
9
4
26
Frauen die Geschichte sind

In "Elektra" von Jennifer Saint verfolgen wir nicht nur das Schicksal der Namensgebenden Elektra im trojanischen Krieg, sondern auch die miteinander verwobenen Geschichten ihrer Mutter Klytämnästra und der trojanischen Prinzessin Kassandra. Wer schon mehrere griechische Re-Tellings gelesen hat wird das ganze sehr befriedigend finden. Jetzt fügen sich viele verschiedene Geschichten zusammen, man sieht noch mehr Blickwinkel und es setzt sich immer ein neues Puzzleteil in das große Ganze Mythologie.

Ich mochte den Erzählstil sehr gerne, auch dass wir Einblicke in alle drei Perspektiven von starken Frauen erhalten, die maßgeblich beteiligt waren oder eine wichtige persönliche Verbindung zu den Ereignissen in Troja haben. Die Sichtweisen sind schon alleine deshalb sehr unterschiedlich, weil sich ihr Alter so voneinander unterscheidet. Dadurch bekommt man vor allem bei Elektra einen besonderen Einblick in ihre heranwachsende Psyche im Ausnahmezustand Krieg. Man kann in ihren Kopf schauen, spürt wie verklärt sie ist, zerrissen und durch die Ereignisse teilweise steckengeblieben. Gerade weil manche Figuren wie z.B. Agamemnon Berührpunkte zu allen drei Frauen haben, ist es umso spannender, jede einzelne Sichtweise zu lesen und sich seine eigene zu bilden. Es ist für jede Frau für sich manchmal sehr beklemmend, in ihrem Kopf "mitzuleben" und dennoch versteht man jede irgendwie. Das ist wirklich dem tollen Schreibstil geschuldet.

Das Buch ist auf jeden Fall etwas für alle, die griechische Mythologie aus einer feministischen Sicht betrachten wollen und tief in das generationale Trauma der Figuren eintauchen wollen. Klare Empfehlung!