Rezension (4/5*) zu Ein untadeliger Mann: Roman von Jane Gardam

wal.li

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1. Mai 2014
2.713
2.674
49
Buchinformationen und Rezensionen zu Ein untadeliger Mann: Roman von Jane Gardam
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Sir Eddie

Edward Feathers war einer der angesehensten Kronanwälte, doch heute kennt kaum noch jemand seinen Namen. Er wird Old Filth genannt, eine Abkürzung für Failed in London Try Hong Kong. Nachdem er in Pension gegangen ist, kehrt er gemeinsam mit seiner Frau Betty nach England zurück. Dort leben sie zurückgezogen auf dem Land. Während Betty sich am Ort engagiert, ist Edward eher zurückhaltend. Nachdem Betty unerwartet verstirbt, muss Edward sich mit dem Alleinsein abfinden. In der Stille kommen die Erinnerungen. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Malaysia und als Kind wurde er nach England zurückgeschickt. Ein Land, in dem er vorher nie war.

Viele Kinder aus Familien der englischen Kolonialherren in Südostasien wurde Eddie nach „hause“ geschickt. Dass es sich um ein Zuhause handelte, das die Kinder nur aus Erzählungen kannte, zählte ebensowenig wie, dass sie die Reisen häufig in Begleitung beinahe fremder Aufsichtspersonen antreten mussten. Mit diesem Start beginnt Feathers sein irgendwie schillerndes, aber auch wenig emotionales Leben. Vor dem zweiten Weltkrieg besucht er eine Privatschule, in der er sich trotz seiner Entwurzelung wohl fühlt. Später verläuft seine langjährige Ehe zufriedenstellend ohne große Höhen und Tiefen.

So ein Leben kennt man heutzutage kaum noch. Es scheint so als wären die Regierungsbeamten entwurzelt gewesen und ihre Kinder ebenso. Eddie Feathers hat dennoch etwas aus seinem schwierigen Start gemacht. Ein angesehener Anwalt und Richter in Hong Kong wurde er. Doch man spürt auch, wie kühl er war, wie unleidlich manchmal. Und dennoch schafft er es, eine gewisse Neugier zu behalten. Seine Erinnerungen bringen immer wieder Überraschungen ans Licht. Ein vermeintlich nichtssagender alter Herr, der doch eine Menge zu erinnern hat. Mit diesem Roman lässt die Autorin ihre Leser und Leserinnen an diesem Erinnerungen teilhaben. Viel häufiger sollte man die alten Menschen erzählen lassen. Ihre Geschichten sind meist vielschichtiger als man vermutet.


 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.408
23.981
49
66
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Sir Eddie

Edward Feathers war einer der angesehensten Kronanwälte, doch heute kennt kaum noch jemand seinen Namen. Er wird Old Filth genannt, eine Abkürzung für Failed in London Try Hong Kong. Nachdem er in Pension gegangen ist, kehrt er gemeinsam mit seiner Frau Betty nach England zurück. Dort leben sie zurückgezogen auf dem Land. Während Betty sich am Ort engagiert, ist Edward eher zurückhaltend. Nachdem Betty unerwartet verstirbt, muss Edward sich mit dem Alleinsein abfinden. In der Stille kommen die Erinnerungen. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Malaysia und als Kind wurde er nach England zurückgeschickt. Ein Land, in dem er vorher nie war.

Viele Kinder aus Familien der englischen Kolonialherren in Südostasien wurde Eddie nach „hause“ geschickt. Dass es sich um ein Zuhause handelte, das die Kinder nur aus Erzählungen kannte, zählte ebensowenig wie, dass sie die Reisen häufig in Begleitung beinahe fremder Aufsichtspersonen antreten mussten. Mit diesem Start beginnt Feathers sein irgendwie schillerndes, aber auch wenig emotionales Leben. Vor dem zweiten Weltkrieg besucht er eine Privatschule, in der er sich trotz seiner Entwurzelung wohl fühlt. Später verläuft seine langjährige Ehe zufriedenstellend ohne große Höhen und Tiefen.

So ein Leben kennt man heutzutage kaum noch. Es scheint so als wären die Regierungsbeamten entwurzelt gewesen und ihre Kinder ebenso. Eddie Feathers hat dennoch etwas aus seinem schwierigen Start gemacht. Ein angesehener Anwalt und Richter in Hong Kong wurde er. Doch man spürt auch, wie kühl er war, wie unleidlich manchmal. Und dennoch schafft er es, eine gewisse Neugier zu behalten. Seine Erinnerungen bringen immer wieder Überraschungen ans Licht. Ein vermeintlich nichtssagender alter Herr, der doch eine Menge zu erinnern hat. Mit diesem Roman lässt die Autorin ihre Leser und Leserinnen an diesem Erinnerungen teilhaben. Viel häufiger sollte man die alten Menschen erzählen lassen. Ihre Geschichten sind meist vielschichtiger als man vermutet.


Diesen Roman liebe ich, er ist der beste aus der Old- Filth- Reihe. Doch es lohnen sich alle drei. Vielleicht interessieren Dich die andern beiden auch. „ Eine treue Frau“ beschreibt die Ehe aus Bettys Sicht.
 

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.245
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49
48
Diesen Roman liebe ich, er ist der beste aus der Old- Filth- Reihe. Doch es lohnen sich alle drei. Vielleicht interessieren Dich die andern beiden auch. „ Eine treue Frau“ beschreibt die Ehe aus Bettys Sicht.
Das kann ich genau so unterschreiben. Der dritte Teil ist bzw. war für mich der schlechteste.
 
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Reaktionen: RuLeka und otegami

otegami

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17. Dezember 2021
1.834
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71
'Viele Kinder aus Familien der englischen Kolonialherren in Südostasien wurde Eddie nach „hause“ geschickt. Dass es sich um ein Zuhause handelte, das die Kinder nur aus Erzählungen kannte, zählte ebensowenig wie, dass sie die Reisen häufig in Begleitung beinahe fremder Aufsichtspersonen antreten mussten.'
Ich weiß noch, wie mich dies erschüttert hat - war mir das doch vorher gar nicht bekannt gewesen! :confused:
 
G

Gelöschtes Mitglied 7863

Gast
Du meinst 'Letzte Freunde'? Da gebe ich Dir vollkommen Recht - mir gefiel der auch am wenigsten! ;)
Ich habe "Old Filth" ganz und gern, Teil 2 fast ganz und ungern und Teil 3 gar nicht mehr gelesen. Was im ersten Band der Trilogie noch interessant und neu war, wirkte später nur noch langweilig.
 
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alasca

Bekanntes Mitglied
13. Juni 2022
2.973
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49
Ich mochte den Roman (wie alle der Reihe) unter anderem, weil sie wirklich Fenster in eine völlig andere Realität aufstoßen. Die Detachiertheit von Old Filth war damals typisch für die polyglotte Oberschicht, stets "stiff upper lip". Das hat Gardam großartig dargestellt.

Mein erster Mann war britischer Offizier - ich erkenne einiges wieder in dem Roman.