Rezension (4/5*) zu Dracula (Reclam Taschenbuch) von Bram Stoker

münchnerkindl

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23. Februar 2022
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München
Schaurig gut

Die letzte Seite zugeschlagen. "Geschafft"war mein erster Gedanke.
Der Vampirklassiker "Dracula" von Bram Stoker veröffentlichte im Jahr 1897 war eine Herausforderung für mich in mehrfacher Hinsicht. Zunächst war da meine Ausgabe vom .Abaconda. Verlag mit fast pergamentartigen dünnen Seiten, dicht bedruckt, so dass man während des Lesens das Gefühl hat nur schleppend weiter zu kommen.
Dann meine Art zu lesen. Ich lese langsam und Seite für Seite. Querlesen oder Passagen überspringen ist normalerweise nicht mein Ding .Schließlich auch noch meine Ängstlichkeit. Ich bin ja ein echter Angsthase wenn es um Gruselgeschichten geht und trotzdem konnte ich der Versuchung nicht widerstehen.

So war ich auf das Schlimmste gefasst und bald vollkommen überrascht davon, wie schnell mich die Geschichte mehr und mehr in ihren Bann gezogen hat.
Ein gewisser Graf Dracula aus Transilvanien möchte ein Immobiliengeschäft in London abschließen. In diesem Zusammenhang reist der junge Anwalt Jonathan Harker in dessen Schloss um das Geschäft in trockene Tücher zu bringen.
Schon sehr bald ahnt Harker, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Ahnung wird zur schrecklichen Gewissheit.
Mehr möchte ich hier nicht verraten, nur soviel es bleibt spannend. Es findet sich eine Gruppe von Gefährten, die sich zusammen dem Bösen entgegenstellen.
Es bleibt spannend, obwohl das Buch durchaus einige Längen hat besonders zum Ende hin. Langatmige Reisebeschreibungen, philosophische Diskurse und Beschreibungen bremsen den Lesefluss immer wieder und auch ich war tatsächlich mehrmals versucht einige Passagen zu überspringen.
Interessant immer wieder, wie sich in 120 Jahren die Auffassungen von Ehre, Freundschaftt, das Frauenbild und einige andere Ansichten verändert haben.
Der Roman ist in Form von Tagebuchaufzeichnungen abgefasst. Zunächst stand ich dem skeptisch gegenüber, war aber nach kurzer Zeit überzeugt. Der ständige Perspektivewechsel hat dem Buch gut getan und war sehr hilfreich.
Stockers feiner und verständlicher Erzählstil war sehr angenehm zu lesen. Durch die Tagebucheinträge nimmt der Leser an der Gefühls - und Gedankenwelt der einzelnen Personen intensiv teil. Man fühlt sich dazugehörig, fiebert und leidet mit. Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen und bis zum Schluss nicht losgelassen. Trotz der o.g. Längen fesselte mich der Plot bis zur letzten Seite.
Das Ende kam dann doch plötzlich. Heutzutage wäre der Showdown wahrscheinlich wesentlich länger ausgefallen.
Mein Fazit ist eine 100 prozentige Leseempfehlung, wenngleich ich aufgrund der Längen gegen Ende zu nur 4 Sterne gebe.