Rezension Rezension (4/5*) zu Die Unglückseligen: Roman von Thea Dorn.

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
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Ambitioniert

Thea Dorn, studierte Philosophin und Dramaturgin, begann ihr Schreiben mit Kriminalromanen; später veröffentlichte sie erfolgreiche Sachbücher (u.a. über "Die deutsche Seele"). Einem großen Publikum bekannt wurde sie als Moderatorin im Fernsehen ( "lesenswert"). Nun hat sie mit "Die Unglückseligen" ihr ambitioniertestes Werk vorgelegt. Die Autorin verknüpft in ihrem umfangreichen Roman neueste Erkenntnisse im Bereich der Molekularbiologie mit dem alten Menschheitstraum von der Unsterblichkeit und dem Faustmythos.
Dazu lässt sie zwei sehr unterschiedliche Figuren aufeinandertreffen:
Zum einen Johanna Mawet, eine ehrgeizige Naturwissenschaftlerin, Anfang 40, die sich bei ihren Forschungen mit der Regenerationsfähigkeit von Lebewesen beschäftigt. Ihr erklärtes Ziel ist es, den Tod des Menschen hinauszuzögern bzw. zu verhindern. Sie will letztendlich die Sterblichkeit aus der Welt schaffen.
Bei einem Forschungsaufenthalt in den USA trifft sie auf einen etwas sonderbaren Mann. Er behauptet, er sei der Physiker Johann Wilhelm Ritter, geboren im Jahr 1776. Johanna glaubt ihm anfangs kein Wort, doch die Analyse seiner DNA bringt sie ins Grübeln.
Immer besessener versucht sie das Rätsel dieses Mannes zu lösen. Dabei hofft sie auf Erkenntnisse für ihr Forschungsziel. Und am Ende ist sie sogar bereit, dafür einen Pakt mit dem Teufel einzugehen.
Der ist übrigens die 3. Hauptfigur im Roman. Als Erzählstimme kommentiert er das Geschehen.
Auch literarisch fällt der Roman aus dem Rahmen. Oft baut Thea Dorn verschiedene Textformen in die Geschichte ein: Lieder, Verse, Comicsprechblasen, ein Exorzismusbericht, ein satirisches Theaterstück u.ä.
Dabei wechselt die Autorin immer wieder den Sprachstil. Jede Figur erhält einen eigenen Ton: Johanna Mawet redet in der heutigen Umgangssprache, Ritter in einem altertümlichen Deutsch, einem Stil aus dem 19. Jhdt. und der Teufel selbst spricht in einer gebundenen Sprache. Dazu kommen zahlreiche Dialektstimmen.
Ein ungewöhnlicher Roman, in dem moderne Naturwissenschaft und deutsche Romantik aufeinandertreffen. Thea Dorn traut sich was!

Meine Bewertung:
Das Gedankenexperiment im Buch hat mich fasziniert. Bei der Lektüre habe ich mich großteils sehr gut unterhalten, oftmals amüsiert. Gleichzeitig wurde ich belehrt und informiert, sei es über die moderne Molekularbiologie als auch über die historische Zeit der Romantik, in der Ritter lebte und forschte. Viele Fragen der Ethik und der Philosophie wurden angesprochen. Allerdings gibt es auch Längen im Buch. Thea Dorn hat intensiv recherchiert und all ihr Wissen unterbringen wollen. So wirkt der Roman etwas überfrachtet.
Deshalb 4 von 5 Punkten