Rezension Rezension (4/5*) zu Die unglaubliche Wahrheit über Pfützen: Ein Kurzroman von Katharina Prietzel.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Bereit für die Wahrheit?

Ravenna ist ein junges Mädchen und neu in der Stadt. Missmutig stapft sie durch einen Park und begegnet dort einem Jungen in ihrem Alter, der sich ihr als Adrian vorstellt und sich nicht von ihrer abweisenden Art abschrecken lässt. Wider Willen wird Ravenna neugierig, als er sie zu einem kleinen Abenteuer einlädt. Doch als er sie in eine Pfütze springen lässt, hält sie Adrian doch für verrückt. Um so größer ist ihr Erstaunen, als sie erkennt, dass die Welt plötzlich ganz anders aussieht...

Kassandra ist eine Frau, die ein wenig anders tickt als die meisten anderen Menschen. Schräge Klamotten, einen Wetterfrosch als Haustier und einen Laden für Esoterik und Tarot, in den sich kaum einmal jemand verirrt, nennt Kassandra ihr Eigen. Und obwohl die junge Frau merkt, dass ihr oft Verwunderung und Ablehnung entgegen schlagen, bleibt sie sich selbst treu, auch wenn der Preis dafür Einsamkeit ist. Als Kassandra eines Tages stolpert und in eine Pfütze fällt, kann sie kaum glauben, wie anders die vertrauten Straßen plötzlich aussehen. Und die Menschen erst...

Conan Tillmann ist ein eiskalter Geschäftsmann, dessen erklärtes Lebensziel es ist, noch mehr Geld zu scheffeln und seine Konkurrenten auszuschalten. Seine Chefsekretärin ist wie für ihn gemacht, denn ohne zu murren erträgt sie ständige Überstunden und ist zudem ein Organisationstalent. Leise, unkompliziert und fähig ist sie Tillmanns rechte Hand, ohne große eigene Ansprüche zu stellen. Auch Conan Tillmann tritt versehentlich in eine Pfütze und registriert, wie verändert die Welt danach ausschaut.


„Vielleicht solltest du mal in eine Pfütze springen.“ Dabei zeigte er einladend mit seinem rechten Arm über den Boden, auf dem sich mittlerweile überall Pfützen gebildet hatten. --- „Du bist doch völlig verrückt!“ Sie wandte sich schon zum Gehen. --- „Wieso denn? Ich dachte vielleicht würde dir das guttun und deshalb weihe…“ --- „…Weihe ich dich in das große Geheimnis ein, wie man sich in Pfützen ertränkt?“, unterbrach sie ihn sarkastisch. --- Adrian lachte lauthals und schüttelte dabei nur den Kopf. „Ich bin nicht verrückt“, erklärte er ihr plötzlich sehr ernst. „Ich biete dir die unglaubliche Gelegenheit die Welt mit anderen Augen sehen zu können und du solltest sie auf keinen Fall einfach in den Wind schlagen.“


Ravenna und die andere erwähnten Personen sind durch den Sprung in die Pfütze in Aletheia gelandet - keiner anderen Welt, sonder nur in einer tieferen Ebene der Wirklichkeit. Alle Sinne arbeiten dort viel intensiver, und vor allem blickt man hinter die Rolle, die die meisten Menschen spielen, und erkennt, wie und wer das Gegenüber tatsächlich ist. Das ist spannend, aber oftmals auch einfach erschütternd. Auch die Erkenntnis, wer man selbst in dieser anderen Ebene (und damit in Wirklichkeit) ist, muss nicht in jedem Fall angenehm sein.

Ravenna genießt den Aufenthalt in Aletheia und versteht sich immer besser mit Adrian. Kassandra blickt hinter die Dinge und erkennt auch sich selbst immer mehr. Und Tillmann beschließt, das Eintauchen in diese andere Ebene dazu zu nutzen, Stärken und Schwächen seiner Konkurrenten auszuspionieren und diese Erkenntnisse gegen sie zu verwenden. Doch dann wird Aletheia von einer grausamen Mordserie heimgesucht. Und die Einschläge kommen näher. Plötzlich wird Ravenna und Adrian klar, dass sie handeln müssen...

Eine nette Geschichte hat sich Katharina Prietzel da ausgedacht. Einen Jugend-Fantasy-Kurz-Roman, der eine spannende Idee, einen recht flüssigen Schreibstil und interessante Figuren vereint und damit nett zu lesen ist. Ich hätte allerdings gerne mehr von den Charakteren erfahren - einige Seiten mehr hätten mir doch besser gefallen. So geht es - Aletheia hin oder her - nicht so richtig in die Tiefe. Die Geschichte lebt in erster Linie von den ungewohnten Entdeckungen und Überraschungen.

Das Ende ist dann konsequenterweise ebenfalls überraschend, allerdings bleiben am Schluss noch eininge Fragen offen. Trotz der kleinen Kritikpunkte konnte mich der Kurzroman jedoch insgesamt gut unterhalten....


© Parden