Rezension Rezension (4/5*) zu Die Totenbändiger - Band 1: Unheilige Zeiten von Nadine Erdmann.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Totenbändiger - Band 1: Unheilige Zeiten von Nadine Erdmann
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Ein gelungener Einstieg in die neue Reihe...

Stell dir vor, du lebst in einer Welt, in der Geister zum Alltag gehören. Jeder sieht sie und jeder weiß, wie gefährlich sie uns Menschen werden können. In dieser Welt gibt es Verlorene Orte, die man den Geistern überlassen musste, und Unheilige Zeiten, in denen die Toten besonders gefährlich sind.

Camren Hunt ist ein Junge ohne Vergangenheit. Im vergangenen Unheiligen Jahr fand man ihn im Keller eines verlassenen Herrenhauses – umgeben von Leichen mit durchschnittenen Kehlen. Niemand weiß, was dort passiert ist, nicht einmal Camren selbst. Jetzt, dreizehn Jahre später, schlagen sich die Menschen durch ein weiteres Unheiliges Jahr, in dem Geister und Wiedergänger noch gefährlicher sind als sonst. Plötzlich tauchen erneut Leichen mit durchschnittenen Kehlen auf…

Obiger Klappentext gibt schon gut wieder, worauf sich der Leser hier gefasst machen muss. Nun stehen Geistergeschichten nicht ganz oben auf der Liste meiner favorisierten Genres, aber ich habe bislang alle Bücher von Nadine Erdmann gelesen, und die kann einfach schreiben...

Dieser erste Band (geplant ist eine Staffel von acht Bänden) ist streng genommen als Einführung zu sehen. Der Leser wird in einen Pool voller Charaktere und Ereignisse geworfen - kann sich aber wie immer darauf verlassen, dass die Autorin ihm einen Rettungsring zuwirft.

Der im Klappentext benannte Camren ist nur einer dieser Charaktere, dafür aber wohl der geheimnisvollste. Selbst sein Name dürfte nicht der sein, den er bei seiner Geburt erhielt - er wurde im Alter von drei oder vierJahren fast tot und ohne greifbare Erinnerungen in einem Unheiligen Jahr aufgegriffen und inkongnito zu einer Familie gebracht, in der schon weitere Totenbändiger leben.

Totenbändiger? So werden diejenigen genannt, die in der Lage sind, Geistern den Garaus zu machen, indem sie ihnen ihre Energie entziehen. Es ist leicht, Totenbändiger zu erkennen, denn sie haben ein eindeutiges Mal im Gesicht. So nützlich, wie die Totenbändiger auch sein mögen, so große Angst verbreiten sie oft auch unter den anderen Menschen. Denn sie sind - theoretisch - in der Lage, nicht nur Geistern die Energie zu entziehen, sondern auch einem Menschen seine Lebensenergie. Vorurteile und Angst sorgen oft dafür, dass Totenbändiger ein Außenseiterdasein führen.

Camren lebt seit seinem Auffinden vor 13 Jahren in einer Familie, die aus Totenbändigern sowie aus Menschen ohne diese besondere Gabe besteht. In dem Mehr-Generationen-Haus leben die Großmutter Edna, die Eltern Sue und Phil, ihre leiblichen Kinder Sky und Jules sowie die angenommenen Kinder Gabriel, Cam und Ella unter einem Dach, ebenso wie Skys Freund Connor. Ein paar Haustiere komplettieren das Chaos.

Connor, Sky und Gabriel arbeiten als Geister-Bekämpfer für die Polizei, die anderen Kinder sind um einiges jünger. Sie gehen jetzt als erste Totenbändiger überhaupt auf eine öffentliche Londoner Schule - ein Pilotprojekt. Zuvor wurden sie von Granny privat unterrichtet, und der Einstieg in der Schule gestaltet sich nicht leicht, da sie nicht von allen mit offenen Armen empfangen werden. Während Jules und Ella durch ihren Charme trotzdem rasch Anschluss finden, tut sich Cam deutlich schwerer.

Camren ist deutlich introvertierter als die anderen beiden, hat gelernt, die Menschen zu meiden und will eigentlich am liebsten nur in Ruhe gelassen werden. Er hat zwar keine greifbaren Erinnerungen an die Zeit vor der Familie Hunt, wird aber häufig nachts von massiven Alpträumen geplagt. Seit Beginn des Unheiligen Jahres hat sich dies noch einmal deutlich verschlimmert, so dass Cam kaum noch an erholsamen Schlaf denken kann.

Nadine Erdmann stellt in diesem ersten Band die Charaktere vor und gliedert das Geschehen in zwei Hauptstränge. Der eine begleitet Connor, Sky und Gabriel bei ihrer Tätigkeit als Totenbändiger für die Polizei. Das Auffinden eines geheimen Massengrabs sorgt für große Aufregung, und die Zeichen stehen eindeutig auf zunehmende Gefahr. Wer ist derjenige, der im Unheiligen Jahr vor 13 Jahren und auch diesmal wieder so vielen Menschen die Kehle aufschlitzte - und was bedeutet das? Der andere Handlungsstrang widmet sich den Geschehnissen um Jules, Ella und Camren in der Schule wie zu Hause.

Wie bei allen bisherigen Büchern der Autroin liest sich der Schreibstil ausgesprochen flüssig und lebendig. Die Charaktere erhalten bereits in der ersten groben Skizzierung ein erkennbares Profil, und eine Besonderheit besteht in dem großen Zusammenhalt in der Familie. Die Mischung aus Schlagfertigkeit und Ernsthaftigkeit, Frotzelei und unbedingter Verlässlichkeit weiß zu gefallen. Wie immer bei Nadine Erdmann fließen Themen wie Toleranz und Menschlichkeit mit ein, und auch die Spannung kommt diesmal wieder nicht zu kurz.

Alles in allem also ein gelungener Einstieg in die neue Reihe, der unbedingt Lust auf mehr macht...


© Parden