Rezension (4/5*) zu Die stumme Tänzerin von Helga Glaesener

wal.li

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1. Mai 2014
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Höhere Töchter

Im Jahr 1928 ändert sich die Welt, allerdings nicht so schnell wie Paula Haydorn es gerne hätte. Obwohl die als Fabrikantentochter eher zu den Privilegierten gehört, will sie doch einen Beruf ausüben und unabhängig sein. Dafür hat sie eine Ausbildung zur Stenotypistin absolviert. Als sie eines Abends ausgeht, verläuft der Abend anders als erwartet. Paula gerät in eine Razzia und wird festgenommen. Schlimmer könnte ihre Lage kaum sein, doch beinahe unglaublich schafft Paula es, sich in diesem Moment bei der weiblichen Polizei in Hamburg vorzustellen und eine Stelle zu ergattern. Wegen ihres Zeichentalents darf sie dann auch gleich an einer Mordermittlung teilnehmen. Sch

Der erste Fall für Paula Haydorn und ihre neuen Kollegen und Kolleginnen. In dieser Zeit sind die Vorgesetzten meistens Männer und sie suchen allerlei Begründungen wieso, die Frauen sich nicht für die Polizeiarbeit eignen. Wie gut, dass es einige wenige gibt, die das anders sehen. Dabei wird Paula förmlich ins kalte Wasser gestoßen, denn eine Prostituierte ist brutal ermordet worden. Paula merkt sofort, dass es ihr liegt, dieses Spuren suchen, zusammenfügen, protokollieren. Hm, gut, eigentlich ist sie nur fürs Protokoll zuständig, aber das hindert ja nicht, mal links und rechts zu schauen. Am wenigsten begeistert von dem Jobwechsel sind jedoch Paulas Eltern.

Auch im Hamburg des Jahres 1928 sind die Auswirkungen des drohenden Nationalsozialismus bereits zu spüren. Zum Glück noch nicht im alltäglichen Leben. Es zeichnet sich der Fortschritt ab. Immer häufiger gehen Frauen einem Beruf nach und immer mehr Berufe öffnen sich ihnen. Möglicherweise tun sich die älteren Generationen etwas schwer mit ihren aufmüpfigen Töchtern. Doch irgendwann musste eine Entwicklung einfach ihren Anfang nehmen, durch die uns heute so vieles selbstverständlich geworden ist. Eingebettet in einen spannenden Fall mit einem überraschenden Ende zeichnet die Autorin diese Entwicklung sehr lesenswert nach. Vielleicht kommen Paula mitunter einige Zufälle mehr zupass als man für möglich halten möchte, dafür ist sehr schön geschildert, wie sich Paula zwischen ihren neuen Kollegen und Kolleginnen einlebt und sie zu einem Team zusammenwachsen. In diesem ersten Band einer Reihe empfindet man viel Sympathie für die jungen Ermittler und die neu eingesetzten Mitarbeiterinnen der Polizei.