Rezension Rezension (4/5*) zu Die sieben Leben des Arthur Bowman: Roman von Antonin Varenne.

wal.li

Bekanntes Mitglied
1. Mai 2014
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Loneliness, Happiness

Auf Jahre verpflichtete sich Arthur Bowman bei der Ostindienkompanie. In Afrika und Asien verdingte er sich als Söldner, ein harter Hund, der beinahe mit Blicken töten konnte. Von seinen Vorgesetzten wird er auf eine Mission geschickt, die nur ein Todesurteil bedeuten kann. Eine Möglichkeit dieses hoffnungslose Unterfange abzulehnen besteht nicht und so begibt sich Bowman mit dreißig Männern auf eine Dschunke, die den Fluss Irrawaddy hinauf fahren soll. Es geht schief, was schief gehen kann und später im Jahr 1859 als Bowman bei der Londoner Polizei als Streifenpolizist tätig ist, ist er nur noch ein kriegsgeschädigtes drogen- und alkoholsüchtiges Wrack. Gerade Bowman jedoch findet eine schwer verstümmelte Leiche und er selbst gerät in Verdacht, den Mord begangen zu haben.

Was für eine Achterbahnfahrt bietet dieser Roman, man ist gezwungen in die gestörte Psyche eines abgehalfterten Soldaten einzutauchen, der doch in entscheidenden Momenten so etwas wie Mitleid zeigt, der die Fähigkeit besitzt, Urteile nicht zu vollziehen, der für sich selbst auf die Suche nach einer Wahrheit ist. Er ist sich ziemlich sicher, dass er den Mord nicht begangen hat, doch er ist auch fast sicher, dass er den Mörder an der Art des Tötens einer bestimmten Gruppe, zu der er selbst gehört, zuordnen kann. Bowman folgt den Spuren, die diese Männer hinterlassen haben. Immer wieder seiner Sucht nachgebend, beinahe aufgebend und doch hartnäckig in dem Wunsch seine Unschuld zu beweisen. Einen kleinen Trost findet er in Thoreaus Walden, dessen Lektüre ihn zur Ruhe kommen lässt.

Aufrüttelnde Schilderungen des Soldatenalltags, der Unfähigkeit der Kriegsheimkehrer, das Erlebte zu bewältigen, wechseln sich mit fast zarten Beschreibungen der Landschaft ab. Grausamkeiten, in aller Deutlichkeit dargestellt, stehen einer flirrenden Schönheit gegenüber. Gegensätze, die die Lektüre nicht leicht erträglich werden lassen, die aber außerordentlich fesseln. Eine Geschichte, in die man eintauchen kann, die einen die Hitze des Dschungels ebenso spüren lässt, wie die Kühle der Wälder, die einen die weiten Ebenen der Prärie ebenso sehen lässt, wie die Enge der Städte. Arthur Bowman ist kein Held, dem man sich leicht nähert, mit widersprüchlichen Charaktereigenschaften ausgestattet zeigt er dem Leser seine wahre Größe erst nach einer Durchwanderung der halben Welt. Seine Härte birgt Liebe und Verzeihen in sich und das macht ihn zu einem Helden, der beeindruckt.
4,5 Sterne