Rezension (4/5*) zu Die Passage nach Maskat: Kriminalroman von Cay Rademacher

wal.li

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1. Mai 2014
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Sonne des Orients

Der Fotograf Theo Jung ist auch nach über zehn Jahren noch vom Krieg gezeichnet. Im Jahr 1929 fährt er mit seiner Frau Dora und deren Familie nach Marseille. Von dort besteigen ein Schiff, das sie nach Maskat bringen soll. Dort will Doras Vater seinen wichtigen Geschäften nachgehen. Jung, der auf einem U-Boot gedient hat, fühlt sich auf dem Wasser ausgesprochen unwohl. Seiner Frau zuliebe unternimmt er die Reise dennoch. Zu Theos Entsetzen verschwindet Dora schon nach dem ersten Tag und die Mitreisenden behaupten, sie sei nie an Bord gewesen.

Theo Jung kann es nicht fassen. Eine Frau kann doch nicht einfach verschwinden, insbesondere von einem fahrenden Schiff. Jung, der seit dem Krieg nur mit Schlafmitteln zur Ruhe kommt, zweifelt an sich selbst. Sollte er doch zu viele Medikamente eingenommen haben? Hat er sich die Anwesenheit seiner Frau nur eingebildet? Angesichts der Panikattacken, die ihn jederzeit auf dem engen Schiff überfallen können, scheint der Gedanke garnicht so abwegig. Nein, nein, Jung muss seinen Verstand beieinander behalten. Gleichzeitig will er wenigstens etwas von der Reise mitnehmen. Die exotischen Orte bieten tolle Motive für seine Kamera und ein paar Mitreisende, mit denen sich ein interessanter Austausch entwickeln kann, gibt es auch.

Ende der 1920er scheint noch alles gut, die Geschäfte laufen und die Stimmung ist hervorragend. Da könnte so eine Schiffspassage, während derer man das Gute mit dem Nützlichen verbindet, gerade in die Zeit passen. Doch was ist, wenn ein Verbrechen geschieht. Immer bedrohlicher wird die Lage für Theo Jung. Neben dem Rätsel um Doras Verschwinden gibt es auch einen leerreichen Überblick über die Geschäftswelt in der damaligen Zeit, die Art des Reisens und auch das Aufkommen der politischen Rechten. Vielleicht kommt einem der Gedanke an den Tod auf dem Nil, aber vor dem geschichtlichen Rahmen, der in Deutschland angesiedelt ist, ergibt sich doch ein ganz anderer Roman. Man fiebert mit Theo Jung, der herausfinden will, wo seine Frau ist, der aber gleichzeitig auch zusehen muss, dass er seine eigene Position beschützt.

Ein intelligent komponierter Kriminalroman, der klassische Elemente mit einer spannenden und überraschenden Geschichte kombiniert.



 
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