In Stephen Kings voluminösem, fast 1.300 Seiten dickem Roman Die Arena geht die Welt 2012 zwar nicht unter, wohl aber ein kleiner Teil, ein kleines Stück. Und es ist auch kein Meteor, der sich bedrohlich auf die Idylle einer typischen US-amerikanischen Kleinstadt namens Chester’s Mill senkt, wohl aber eine seltsame Kuppel, die Chester’s Mill umschließt – und die rund 2.000 Bewohner für den Leser unter das Brennglas des Horrors stellt. Ob es sich dabei um einen Angriff von Außerirdischen oder ein Menschenexperiment der Regierung handelt, bleibt im Dunkeln.
Gerade will Dale „Barbie“ Barbara, Imbisskoch und Irak-Veteran, die Kleinstadt verlassen, da senkt sich die Kuppel wie eine Guillotine herunter und macht seine Ausreise unmöglich. Dann hält das Grauen Einzug in den Mikrokosmos – vor allem dank der Taten des skrupellosen Autohändlers und Provinzpolitikers „Big Jim“, der seine Mannen mordend durch die Gegend ziehen lässt, während die Außenwelt hilflos zusehen muss. Am Ende, als kaum mehr Erwachsene am Leben sind, liegt das Schicksal von Chester’s Mill und seiner wenigen Überlebenden in den Händen der Kinder...
In einem Nachwort von Die Arena gibt Stephen King an, die Grundidee des Buchs – die Kuppel – schon vor dreißig Jahren gehabt zu haben. Vielleicht muss er das tun, denn immerhin lebte schon der erste Simpsons-Film (2007) von einem ähnlichen Einfall. Wie dem auch sei: Mit der Idee schafft King einen faszinierenden Mikrokosmos, der nicht zuletzt illustrieren soll, wie sehr sich die USA nach dem 9. September 2001 trotz der Wahl Barack Obamas (und seiner im Buch für 2012 prophezeiten Wiederwahl) verändert hat.
Denn Die Arena ist auch ein politisches Buch, in dem der Terror und der Krieg gegen den Irak den Grundton bestimmt. Und es ist ein Buch, das den Altmeister des Horrors auf dem Höhepunkt seines Schaffens zeigt. -- Stefan Kellerer Kaufen
Kaufen
Urplötzlich stülpt sich eines Tages wie eine unsichtbare Kuppel ein undurchdringliches Kraftfeld über Chester’s Mill. Die Einwohner der neuenglischen Kleinstadt sind komplett von ihrer Umwelt abgeschnitten. Flugzeuge zerschellen an der durchsichtigen Barriere, Autos explodieren, wenn sie dagegen fahren, Familien sind plötzlich getrennt in ein 'drinnen' und ein 'draußen'. Nach dem ersten Schock versuchen die Einwohner zunächst alles weiterlaufen zu lassen wie gewohnt, doch als die Gewissheit steigt, dass es gegen die Kuppel kein Mittel zu geben scheint, ändert sich alles...
"Das da sah aus, als wäre das Fallbeil einer unsichtbaren Guillotine herabgesaust."
Homo homini lupus - der Mensch ist des Menschen Wolf. Dies stellt Stephen King in seinem monumentalen Werk von sage und schreibe 1276 Seiten eindrücklich unter Beweis. Natürlich stellt sich die Frage, woher diese Kuppel stammt, wer dahinter steckt und wie man sie schnellstmögich wieder entfernen kann. Aber im Wesentlichen geht es hier um das, was innerhalb der Kuppel geschieht, um die kleinen und die großen Dramen und die Verschiebungen im Gefüge.
"Wenn ein Mann in Uniform einem berühmten Fernsehreporter das Mikrofon zuhielt, ohne ihn auch nur um Erlaubnis zu fragen, war gewiss das Ende aller Tage gekommen."
Obwohl angesichts der dramatischen Situation rasch das Militär eingeschaltet wird, zeigen sich alle auch drastischen Bemühungen, die Kuppel zu durchdringen oder zu entfernen als fruchtlos. So sind die verbliebenen Einwohner von Chester's Mill auf sich alleine gestellt, und rasch zeigt sich das wahre Gesicht so manchen Bürgers. Allen voran Jim Rennie sr. (Big Jim): eigentlich Gebrauchtwarenhändler und gläubiger Christ, ist er auch der zweite Stadtverordnete des Örtchens und der eigentliche Drahtzieher des politischen Geschehens, der einiges zu verbergen hat. Immer schon skrupellos, hat er sich bislang hinter der Fassade des angepassten und vorbildlichen Bürgers verborgen, doch veranlasst ihn das Geschehen um die Kuppel, seine Maske fallen zu lassen. Demagogisch geschickt denunziert er diejenigen, die gegen ihn arbeiten, sorgt für eine Aufstockung des Polizeiapparates mit willfährigen jungen Leuten, die kritiklos für Handlangerdienste zu gebrauchen sind, stellt sich gegen das vom Präsidenten der Vereinigten Staaten angeordnete Kriegsrecht, schürt Panik und Unzufriedenheit unter der Bevölkerung und scheut auch vor drastischeren Maßnahmen nicht zurück. Eine grässliche aber plausible Person, die gar nicht an der Behebung der Krise interessiert ist, sondern sie im Gegenteil noch verschärft und für seine Zwecke als Gunst der Stunde nutzt.
Auf den ersten paar Hundert Seiten ist der Leser etwas verzweifelt damit beschäftigt, durch die Vielzahl an auftauchenden Personen und Örtlichkeiten durchzublicken, bis schließlich deutlicher wird, wer hier wohl für die Handlung von Bedeutung sein wird und wer nicht. Zu sehr an jemanden gewöhnen sollte man sich sowieso nicht, denn Stephen King neigt dazu, spontan den einen oder anderen Charakter sterben zu lassen und mit einem Achselzucken zum weiteren Tagesgeschehen überzugehen. Schnell wird aber deutlich, dass sich hier zwei Seiten herauskristallisieren: Big Jim mit seinen Anhängern und den treuen Bürgern, die an ihn glauben - schließlich haben sie ihn ja gewählt! Und die anderen, die kritischen, denen es wirklich um das Wohl der Bürger geht und darum, mehr über die Kuppel herauszufinden, um nach Möglichkeit dafür zu sorgen, dass sie wieder verschwindet. Doch gegen Big Jim und seine Machenschaften haben sie einen schweren Stand - nicht zuletzt ist er ein begnadeter Redner...
"Bis die Kuppel wieder weg ist (...) dürfte legal sein, was wir dazu erklären..."
Ich war ehrlich gesagt froh, dieses Buch mit anderen im Rahmen einer Leserunde zu lesen und zwischendurch auch abschnittsweise zu besprechen. Dies half nicht nur beim Interpretieren der Geschehnisse sondern auch beim Durchhalten - denn 1276 Seiten lassen sich nicht einfach mal so runterlesen. Ausgetauscht haben wir uns auch über Besonderheiten (unglaublich viele Rechtschreib- und Übersetzungsfehler in der eBook-Ausgabe, z.T. auch irre Satzgebilde) und merkwürdige Kleinigkeiten wie beispielsweise ungeahnte Metaphern à la: "...high wie ein Drache, zufrieden wie eine Muschel, cool wie eine Gurke..." Hallo? Doch insgesamt bin ich wirklich froh, hier durchgehalten zu haben!
Ein spannendes Psychodrama präsentiert Stephen King hier, gespickt mit mysteriösen und gruseligen Elementen. Einige Längen werden wettgemacht durch die Neugierde, was sich da letztlich wohl entwickeln wird und worauf das ganze hinausläuft. Die Lösung - nun: es ist ein Buch von Stephen King. Überraschend fand ich, hinter dem ganzen schließlich aber auch auf einen philosophisch-ethischen Ansatz zu stoßen, den ich so nicht erwartet hätte, was mir aber gut gefiel.
Mit der mehrstaffeligen TV-Serie gleichen Namens ('Under the Dome') soll das Buch aber wenig gemein haben, habe ich mir sagen lassen. Grundidee, Charaktere und Örtlichkeiten wurden da übernommen, die Entwicklung der Handlung allerdings driftet im Vergleich zur Buchvorlage rasch weit auseinander.
Insgesamt ein unglaublich dickes Buch mit einigen Längen, aber auch mit einem interessanten Gedankenexperiment, das spannend ist und nachdenklich stimmt...
© Parden


