Sansibar in den frühen 1950er-Jahren: Inmitten politischer Umwälzungen und Aufständen gegen die Kolonialherren wachsen die Geschwister Amin, Rashid und Farida auf. Amin, der Mittlere der Brüder, verliebt sich in Jamila, doch beider Leidenschaft zerbricht schon bald am Widerstand seiner Familie und Gerüchten um die Vergangenheit der jungen Frau. Es heißt, ein Fluch liege auf ihrer Verwandtschaft. Im Strudel der Revolution trennen sich die Lebenswege der Geschwister. Rashid beginnt ein Studium in London, das Schicksal von Amin und Jamila lässt ihn aber selbst in der Ferne nicht los. Er begibt sich auf eine Spurensuche, die ihn tief in die afrikanische Kolonialgeschichte führt – und bis zum Geheimnis um Jamilas Familie. Deren Großmutter hatte für eine verbotene Liebe zu einem britischen Orientalisten einst alles riskiert... »Die Abtrünnigen« zeigt Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah erneut als großartigen, politisch hellsichtigen Erzähler von Geschichten, wie wir sie noch nie zuvor gelesen haben.Kaufen
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Familiengeschichte - Ostafrika und Sansibar - viele Themen: Kolonialismus, Vorurteile, Emanzipation von Frauen, Heimatverlust u.a.
'Es ist eine Geschichte über uns alle … ' - 'Eine Geschichte erzählt viele Geschichten' (182)
Wie passend ist dieses Zitat aus dem Buch! Zuerst sind wir Ende des 19. Jahrhunderts an der Ostküste Afrikas, in Mombasa und nördlich davon. Wir lernen Hassanali und seine Schwester kennen, ihr Familienleben und ihren Alltag, der vom Kolonialismus der Briten geprägt ist, verkörpert durch den arroganten, vorurteilsbeladenen Beamten Frederick. Gegenpol ist der britische Orientalist Pearce, der von Hassanali erschöpft gefunden und in Obhut genommen wurde. Dadurch lernt er dessen Schwester Rehana kennen und sie verlieben sich ineinander, eine unmögliche Liaison in der damaligen Zeit und in dieser Gesellschaft mit ihrem Ehrenkodex.
Leider erfahren wir davon erst mal nichts weiter, auch nicht von den Problemen mit dem Kolonialismus, sondern es mischt sich mitten im Buch ein Ich-Erzähler ein, der die Geschichte seiner Familie erzählen möchte. Er weiß nicht alles und muss Vermutungen anstellen und Möglichkeiten erfinden, wie es gewesen sein könnte. Teilweise sehr ausführlich, teilweise gerafft, erfahren wir die Geschichte von Farida und den Brüdern Amin und Rashid (der Ich-Erzähler) und ihrem Leben auf Sansibar.
Während Rashid nach Großbritannien geht und ein Studium beginnt, bleibt sein Bruder Amin bei den Eltern und trauert seiner Liebe Jamila nach, die ihm von den Eltern verboten wird. Hier wird endlich eine Verbindung zu den vorher ausführlich dargestellten Personen aufgezeigt.
Hatte ich anfangs den Eindruck, dass es um Kolonialismus geht, sind es viele Themen, die angerissen und für mich nicht zufriedenstellend dargestellt werden: Vorurteile, auch innerhalb der afrikanischen Gesellschaft, Vorstellungen von Ehre und Familie, Emanzipation von Frauen, ihre Stellung in der Gesellschaft, Heimatverlust und Entfremdung. Etwas mehr Konzentration auf eines der Themen – die anderen vielleicht nebenbei – wäre mir lieber gewesen. So fühlte ich mich hin- und hergerissen und vermisste 'den roten Faden'.
Ein wenig konstruiert erscheint ein Zufall am Ende des Buches, der allerdings versöhnlich wirkt und einen positiven Aspekt in die ansonsten traurigen Geschichten bringt.
Wenn auch mir die die Erzählweise, die zwischen allzu ausführlich und allzu gerafft wechselt, nicht besonders gefallen hat, muss ich doch Abdulrazak Gurnah doch objektiv zugestehen, dass er gut schreiben kann. Anderen wird das Buch sicher gefallen, mir leider nicht besonders.
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