Rezension (4/5*) zu Der versperrte Weg: Roman des Bruders von Georges-Arthur Goldschmidt

G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Traumata

Georges-Arthur Goldschmidt schaut in diesem Buch auf das Leben seines Bruders Erich Goldschmidt und ermöglicht über diese Blicke der Leserschaft Einblicke in eine vergangene Zeit und Einblicke in das Miteinander der Brüder. Beide sind durch das Erleben ihrer verrückt machenden Zeit und von tiefen und immer wiederkehrenden Verlusten gezeichnet, aber auch durch ein auf Kämpfen und Eifersucht beruhenden Miteinanders. Sicherheiten sind wohl für beide ein Fremdwort und was macht so ein Erleben wohl mit Kindern, die ja gewisse Sicherheiten auch in ihrer Entwicklung brauchen. "Der versperrte Weg" ist ein Blick auf eine tiefe Zerrissenheit, auf ein durch den Faschismus erworbenes Trauma. Dabei ist das Buch kühl erzählt, behandelt es doch verschiedene Traumata, denen man sich wahrscheinlich aber nur mit einer gewissen Distanz annähern kann, ohne daran zu zerbrechen. Wenn man bedenkt, wie lange der Autor gebraucht hat, um diesen Blick zu verfassen, kann man vielleicht davon ausgehen, dass diese Thematik schon lange in ihm arbeitet. Denn dieses Buch behandelt ja nicht nur das Trauma der Nazizeit, sondern auch das Trauma der Brüder untereinander, in dem der Autor im Blick des Bruders, den er auch noch selbst zeichnet, nicht gut wegkommt. Und damit zeigt der Autor ja auch eine Ehrlichkeit, die gewürdigt gehört, denn wer steht schon so sehr zu seinen eigenen in jungen Jahren geschehenen Fehlern, dass er sie in einem Buch einer großen Masse eröffnet. Dazu muss man ja auch sagen, dass die Fehler der Jugend ja auch tiefgreifende Folgen für die Brüder hatten, gewisse Abgründe sich wohl nicht mehr überbrücken ließen. Und dann steht dieses Buch dann noch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises von 2021 und gewinnt dadurch noch eine größere Reichweite, ein größeres Publikum. Das Öffnen des Autors wird einer größeren Gruppe zugänglich, diese sicher nicht einfache Offenbarung wird öffentlich, sicher wurde die Thematik auch in manch einer Leserunde und/oder Talkrunde heiß diskutiert. An mancher wird der Autor teilgenommen haben, manche wird er bloß irgendwo mitgeschnitten haben. Ich muss sagen, ich finde es sehr mutig von Georges-Arthur Goldschmidt dieses Buch veröffentlicht zu haben und ich kann nur sagen, dass ich es sehr gern gelesen habe und dass ich dieses Buch gut platziert auf der Longlist des Deutschen Buchpreises von 2021 finde.

 
  • Hilfreiche Rezension
Reaktionen: RuLeka