Rezension (4/5*) zu Der unglaubliche Mr. Corpse: Zombie-Roman von Jeff Strand.

Sebastian

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18. April 2014
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Ostharingen, Niedersachsen, Germany
Die etwas andere Zombiegeschichte

Bislang war es ja immer ein Vergnügen, einen Roman von Jeff Strand zu lesen. Mit „Benjamins Parasit“ und „Fangboys Abenteuer“ konnte er mir bereits beweisen, dass er als Autor sehr vielschichtig ist, auch wenn der beißende schwarze Humor ein Grundtenor ist, der immer wieder deutlich erkennbar ist. „Der unglaubliche Mr. Corpse“ ist nun also ein Zombieroman, wenn auch ein reichlich untypischer. Kann ja nur gut werden, so dachte ich zumindest.

Und was soll man sagen, so falsch lag ich mit diesem Gedanken auch nicht. „Der unglaubliche Mr. Corpse“ ist tatsächlich alles andere als typisch, denn anders als in 95 % der erhältlichen Zombiebücher wird man hier nicht in eine Apokalypse geschmissen, in der ohnehin schon alles über den Jordan gegangen ist, sondern man erlebt unsere Welt aus der Sicht eines Untoten. Klingt komisch, ist es auch. Man darf hier nun natürlich keinen beinharten Thrill und einen Spannungsbogen erwarten, der den Leser in den Sessel drückt, was aber sicherlich nicht bedeutet, dass das Buch langweilig ist. Der ganz große Pluspunkt ist nämlich die Atmosphäre des Romans, der seinen ganz eigenen Weg geht und damit vor allem eines ist: anders. Der Leser hat natürlich eine sehr viel realistischere Sicht der Dinge auf die Welt, die eben unsere ist, nur eben angereichert mit einem zugegebenermaßen sehr phantastischen Aspekt. Der Twist zum Schluss ist ziemlich fies, aber, da unvorhersehbar, auch sehr gelungen.

Die Figuren sind dabei das wichtigste an der Story, in erster Linie natürlich der namensgebende Mr. Corpse. Strand präsentiert uns einen Typen, der im Leben ein Loser war und sich im Untot zu einem ziemlich abgehobenen Snob entwickelt. Zudem ist er ein sarkastischer Mistsack, der allen anderen um ihn herum das Leben ziemlich schwer macht, was wohl daran liegt, dass er so ziemlich der untypischste Zombie ist, den man sich vorstellen kann. Tolle Wortgefechte mit seiner persönlichen Assistentin und seinem besten Freund liefern immer wieder Stoff für ein breites Grinsen im Gesicht. Interessant ist dabei aber die Entwicklung, die er im Lauf der Geschichte durchmacht und die, aller Unwahrscheinlichkeit zum Trotz, tatsächlich auch nachvollziehbar ist. Die Nebenfiguren sind nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern entscheidend für die Entwicklung der Story. Nicht übermäßig detailliert ausgearbeitet sind sie dennoch sehr überzeugend und der Leser wird hier schnell seine Sympathien und seine Antipathien verteilen.

Stilistisch möchte man fast sagen „typisch Jeff Strand“. Locker und mitunter auch recht rotzig geschrieben, nimmt der Autor und somit auch Zombie Stanley kein Blatt vor den Mund. Der Humor steht wie üblich klar im Vordergrund, wobei aber nicht vergessen wird, die Geschichte zu erzählen. Man hat es also mit keiner Aneinanderreihung stumpfer Gags zu tun. Ebenfalls typisch verzichtet „Der unglaubliche Mr. Corpse“ nicht auf die eine oder andere Gewaltspitze, generell hält sich Strand hier aber vergleichsweise bedeckt. Prinzipiell ist die Übersetzung gelungen, auch wenn zumindest am Anfang im Gespräch zwischen Stanley und seinem besten Freund Martin ab und an die Anrede von „du“ zu „Sie“ umschwenkt, mitunter sogar innerhalb eines Satzes. Das ist etwas schade, gibt sich aber schnell auch wieder.

Fazit:

„Der unglaubliche Mr. Corpse“ ist ein Buch, welches von der ersten Seite an Spaß macht. Unterhaltsam und eingängig geschrieben dürfen wir einen Blick durch die Augen eines Untoten auf unsere heutige Welt werfen, fern ab jeder Apokalypse. Die Idee ist toll und sie ist toll umgesetzt und somit kann man jedem, der mal einen gänzlich anderen Zombieroman lesen möchte, dieses Werk nur ans Herz legen.

 
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