Rezension Rezension (4/5*) zu Der Revolver von Fuminori Nakamura.

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.311
18.966
49
48
Buchinformationen und Rezensionen zu Der Revolver von Fuminori Nakamura
Kaufen >
Nasty Obsession

„Gelangweilte Menschen, wenn sie sich finden, erzeugen nur noch mehr Langeweile, dachte ich plötzlich, und der Gedanke gefiel mir so gut, dass ich ihn aufschreiben wollte.“ (S. 56)

Stellt euch folgende Situation vor: ihr geht spazieren, folgt einer inneren Stimme an einen einsamen Ort, der perfekt zu einem Verbrechen passt und findet – eine Leiche. Statt vor Angst wegzurennen und die Polizei zu rufen, bleibt ihr cool, inspiziert den „Tatort“ und entdeckt die Tatwaffe (wie z. B. einen Revolver), den ihr kurzerhand einsteckt und der von nun an euer Leben bestimmt. Ihr hegt und pflegt ihn wie ein rohes Ei, fühlt euch stark (gleichzeitig schwach) und anderen Menschen gegenüber überlegen. Irgendwann könnt ihr gar nicht mehr anders und die Katastrophe nimmt ihren Lauf…

Klingt wie ein Krimi- bzw. Romanplot? Okay, ihr habt mich erwischt :) Das ist nämlich (ohne euch als Hauptdarsteller natürlich *g*) der Kern von „Der Revolver“, dem Debüt von Fuminori Nakamura aus dem Jahr 2003 (hier aber erst in diesem Jahr bei Diogenes erschienen). Da das Buch nur 185 Seiten hat, würde ich es in die Kategorie „Novelle“ einordnen.

Darin begleiten wir den gleichgültigen Studenten Nishikawa auf seinem Weg in die (unabwendbare) Katastrophe. Durch den Ich-Stil kommt man dem Protagonisten sehr nahe, auch wenn man viele Handlungen von ihm nicht oder nur sehr schwer nachvollziehen kann. Aber auch die anderen Charaktere in dieser Erzählung verhalten sich oft so, wie es womöglich keiner von uns tun würde. Von Anfang an beherrscht eine dunkle, ja fast depressive, Stimmung die Atmosphäre der Erzählung und es läuft einem das ein oder andere Mal ein dicker Schauer über den Rücken – sei es der geschilderten Szene oder dem nicht nachvollziehbaren Verhalten des Protagonisten geschuldet.

Und doch hat mich diese Novelle in gewisser Weise fasziniert zurückgelassen und je länger und öfter ich darüber nachdenke, umso nachhaltiger wirkt sie auf mich. Zeigt es doch ganz deutlich, was für eine (ohne Zweifel fragwürdige) Faszination von Waffen ausgeht und was (gelangweilte) Menschen anfangen, wenn sie mit sich, ihrem Leben und allem was dazu gehört, nicht oder nur unzureichend zufrieden sind.
Die Einblicke in die oft von Nishikawa praktizierte japanische (Kaffee-)Kultur (Kaffee aus (Straßen)-Automaten *schüttel*) waren ebenfalls ein interessanter, wenn auch kulinarisch äußerst fragwürdiger Blick hinter die Kulissen des uns weitestgehend unbekannten Landes.

Alles in Allem hat mir das Debüt von Fuminori Nakamura also gut gefallen und entgegen meines ersten Eindruckes bin ich nun doch neugierig auf die weiteren Bücher von Herrn Nakamura.

4* und eine (fast) uneingeschränkte Leseempfehlung!

©kingofmusic


von: Alex Beer
von: Christoph Poschenrieder
von: Margot Jung
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.444
49.883
49
Dadurch, dass Renie die Leserundentermine etwas gespreizt hat, werde ich diesen Roman nun zu Ende lesen können. Nach den ersten 50 Seiten war ich noch unsicher. Du gibst mir jetzt "den Tritt":p
 
  • Like
Reaktionen: kingofmusic