Gustav Mahler auf seiner letzten Reise – das ergreifende Porträt des Ausnahmekünstlers. Nach „Das Feld“ und „Ein ganzes Leben“ der neue Roman von Robert Seethaler.
An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der Schiffsjunge sanft, aber resolut umsorgt, denkt er zurück an die letzten Jahre, die Sommer in den Bergen, den Tod seiner Tochter Maria, die er manchmal noch zu sehen meint. An Anna, die andere Tochter, die gerade unten beim Frühstück sitzt, und an Alma, die Liebe seines Lebens, die ihn verrückt macht und die er längst verloren hat. Es ist seine letzte Reise.
"Der letzte Satz" ist das ergreifende Porträt eines Künstlers als müde gewordener Arbeiter, dem die Vergangenheit in Form glasklarer Momente der Schönheit und des Bedauerns entgegentritt.Kaufen
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Robert Seethaler ist ein sehr erfolgreicher Schriftsteller. Bisher hat er in seinen Büchern das Leben einfacher Menschen beschrieben, äußerst gelungen in „ Ein ganzes Leben“.
In seinem neuesten Buch ( Roman wäre fast zu viel für diesen schmalen Band) steht ein berühmter Mann im Zentrum, Gustav Mahler, 1860 geboren, Komponist und der größte Dirigent seiner Zeit.
Es ist im Februar 1911. Gustav Mahler sitzt in Wolldecken gewickelt auf dem Sonnendeck des Ozeandampfers „ Amerika“. Er ist auf der Heimreise von seinem zweiten Aufenthalt in den USA. Anstrengende Wochen voller Arbeit liegen hinter ihm. Mahler ist krank; ihn friert, er fühlt, dass es zu Ende geht.
Ein Schiffsjunge kümmert sich fürsorglich um ihn, bringt ihm heißen Tee und Botschaften von seiner Frau Alma, die sich mit der sechsjährigen Tochter Anna unter Deck befindet. Ab und zu führen die beide kurze Gespräche über das Meer, das Wetter.
Mahler sitzt hier und lässt sein Leben Revue passieren. Er erinnert sich an seine großen Erfolge, aber auch an Demütigungen und die dunklen Stunden im Leben.
Er war schon immer in kränklicher Verfassung, litt zeitlebens an Migräne, Schlaflosigkeit und anderen Gebrechen. Trotzdem arbeitete er wie ein Besessener. Er war gefürchtet bei den Musikern, die er an ihre Grenzen brachte und darüber hinaus, „ ein Höllenhund am Pult“.
Zehn Jahre lang war Mahler Direktor der Wiener Staatsoper, brach dort mit alten Konventionen und das Publikum war erst irritiert und dann begeistert. Allerdings gab es auch immer wieder antisemitische Diffamierungen. Zwei Amerika- Reisen folgten und Mahler feierte Triumphe an der MET und mit den New Yorker Philharmonikern.
Aber nicht nur seine Gesundheit litt unter dem riesigen Arbeitspensum, sondern auch seine Ehe mit Alma. Wie glücklich war er , als er mit 42 Jahren die wesentlich jüngere Frau heiratete. Alma, Tochter aus gutem Hause, galt es die „ schönste Frau Wiens“. Doch bald merkt sie, dass die Musik immer die erste Stelle bei ihm einnimmt. Stehen keine Aufführungen an, zieht sich Mahler in seine Komponierhäuschen zurück.
Dann folgt ein tragischer Schicksalsschlag. Die älteste Tochter Maria stirbt mit fünf Jahren an Diphterie. Das Paar entfremdet sich immer mehr. Und Mahler weiß, dass er seine Frau verloren hat. Durch einen irrtümlich an ihn adressierten Brief erfährt er von der Affäre seiner Frau mit Walter Gropius. Eifersucht und verletzter Stolz spricht aus ihm : „ Dein Baumeister ist ein Idiot. Du bist die Geliebte eines Idioten.“
Alma bleibt bei ihm, aber Mahler macht sich darüber keine Illusionen. „Wahrscheinlich hatte seine Krankheit sie gehalten.“ „Sie würde bei ihm bleiben bis zum Schluss, das war mehr, als er erwarten durfte. Letztendlich war er derjenige, der ging.“
Wir erfahren noch von Mahler’s Sitzung bei Rodin, der eine Büste von ihm machen soll; eine eher komische Szene. Und einen kleinen Auftritt hat Siegmund Freud, den Mahler in Leiden besucht und der ihm bei einem Spaziergang den Ratschlag „Arbeit und ein warmer Pullover“ mit auf den Weg gibt.
Das letzte Schlusskapitel gehört dem fiktiven Schiffsjungen, der später vom Tod des berühmten Künstlers in der Zeitung liest.
Die Eckdaten aus Mahler’s Leben bringt Seethaler in diesem kleinen Buch unter, auch trifft er gut das Wesen dieses schwierigen Künstlers. Allerdings fällt kaum ein Wort über Mahler’s Musik. Die Erklärung dazu liefert der Autor im Text selbst. Auf die Frage des Schiffsjungen : „ Was ist das für Musik, die Sie machen?“ lässt er Mahler antworten: „ Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.“
Robert Seethaler ist mit diesem Buch eine Annäherung an den großen Musiker Mahler gelungen. Er weckt des Lesers Interesse und macht Lust, Mahler zu hören. Ein Buch voller Melancholie und Atmosphäre, dicht und poetisch , das mich berührt hat und das ich gerne empfehle.
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