Rezension Rezension (4/5*) zu Der Ickabog von J.K. Rowling + 1 original Button von J.K. Rowling.

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.835
7.675
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Ein düsteres Märchen mit Botschaftscharakter...

"So hoch wie zwei Pferde. Augen wie glühende Feuerbälle. Lange, messerscharfe Klauen. Der Ickabog kommt..."


Dass J.K. Rowling auch einen Hang zu Märchen hat, stellte sie bereits mit ihrem Band 'Die Märchen von Beedle dem Barden' unter Beweis - einer Sammlung von Zauberermärchen, die in der Welt eines Harry Potter eine große Rolle spielen. Hier nun präsentiert sie ein über 300 Seiten langes Märchen, das sie bereits ihren eigenen Kindern vorgelesen hat, als diese noch klein waren.

2020 war für alle wohl ein außergewöhnliches Jahr - Covid 19 und die Lockdowns sind eine ganz eigene Geschichte. Warum ich das hier erwähne? Nun, J.K. Rowling hat auf ihre ganz eigene Art darauf reagiert. Sie stellte das Märchen vom Ickabog zunächst passagenweise ins Internet, um den Kindern Unterhaltung zu bieten, auch und gerade in dieser für alle schwierigen Zeit. Daran schloss sich ein Malwettbewerb an, bei dem die Kinder ihre Bilder zum Märchen einreichen konnten. Die besten Bilder illustrieren nun das im übrigen wunderhübsch gestaltetet Buch.

Bevor ich auf den Inhalt des Buches eingehe, möchte ich zunächst die Autorin selbst zu Wort kommen lassen:



"Es geht darin um Motive, die mich schon immer interessiert haben. Was verraten uns die Ungeheuer, die wir heraufbeschwören, über uns selbst? Wie kann es geschehen, dass das Böse von einer Person oder einem Land Besitz ergreift, und wie lässt es sich bezwingen? Und warum entscheiden sich Menschen, Lügen trotz spärlicher oder gänzlich fehlernder Beweise Glauben zu schenken?" (S.7)



Nun, der Ickabog ist kurz gesagt ein Monster. Niemand weiß genau, wie es aussieht, denn offenbar endet eine Begegnung mit dem Ickabog tödlich. Lt. J.K. Rowling leitet sich das Wort 'Ickabog' ab von 'Ichabod', was so viel wie 'ruhmlos' oder 'vergangener Ruhm' bedeutet.

Angesiedelt ist das Märchen in Schlaraffien, einem Land, in dem es den Menschen erwartungsgemäß gut geht. Die Bürger leben zufrieden in den kleinen Städten des Landes, von denen jede einzelne ihre kulinarischen Spezialitäten hervorbringt. Regiert wird Schlaraffien von König Fred, dessen größtes Vergnügen es ist, sich neu und edel einkleiden zu lassen, feudal zu speisen und mit seinen Freunden Spuckelwert und Schlabberlot auf die Jagd zu gehen.

Lediglich im weiter entlegenen Marschland leben die Menschen in Armut, aber dorthin verirrt sich lieber kein anderer Schlaraffier, denn in den Mooren im Marschland haust eben auch der Ickabog. Seine Legende wird von Generation zu Generation weitergetragen, doch außer einem kleinen Schauder ruft die Nennung dieses Namens kaum ein Reaktion hervor. Das ändert sich, als der König eines Tages beschließt, den Ickabog aufzuspüren, um den verlorenen Hund eines Schäfers zu rächen.

J.K. Rowling erzählt hier eine Geschichte vom Bösen in der Welt, von einem König, der nur mit sich und seinen Vergnügungen beschäftigt ist, von Einflüsterern, die ihr eigenes (Macht-)Süppchen kochen, vom harschen Umgang mit Kritikern, von Kindern, die nicht alles als gegeben hinnehmen, von der (geschürten) Angst vor dem Grauen, von der Kraft der Freundschaft, vom Mut zur Veränderung…

Das Märchen entwickelt seinen Charme nur allmählich. Anfangs wirkte es auf mich doch recht spröde, die Figuren wenig greifbar. Es hat tatsächlich etwa 100 Seiten gedauert, bis ich das Gefühl hatte, in der Geschichte angekommen zu sein. Dann aber war ich sehr neugierg darauf, wohin J.K. Rowling uns steuern würde. Und sie hattte in der Tat einige Überraschungen in petto.

Dabei spart die Autorin durchaus nicht mit Grausamkeiten, wobei das Stilmittel des Märchens gleichzeitig für eine distanzierte Betrachtung sorgt. Über 300 Seiten finde ich für die Zielgruppe Kinder (Altersempfehlung: ab 8 Jahre) dann aber doch etwas ambitioniert. Schön dagegen empfand ich die Botschaften, die hier durchaus transportiert werden: so z.B. den Mut, sich gegen etwas zu stellen, das man als falsch empfindet; zu jemandem halten, auch wenn sich der Rest der Welt gegen ihn stellt; die Macht der Fantasie...

Alles in allem ein nett zu lesendes und wunderschön gestaltetes Buch, bei dem J.K. Rowling wieder einmal unter Beweis stellt, wie facettenreich sie schreiben kann. Ein düsteres Märchen mit Botschaftscharakter...


© Parden

 
  • Hilfreiche Rezension
Reaktionen: kingofmusic

Neueste Beiträge