Rezension Rezension (4/5*) zu Der Geschmack von Lebertran: Eine Kindheit in den 50er-Jahren von Cornelia Ert.

huskie-style

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30. April 2014
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ein interessanter Rückblick

Das Buch beschreibt in kurzen Geschichten Episoden aus der Entwicklung eines Mädchens in den 1950er-Jahren.

Dieses Mädchen ist namenlos und wird im Buch immer nur als „das Kind“ beschrieben. Hier ließe sich trefflich mutmaßen, warum die Autorin dieses Mittel gewählt hat, anstatt z.B. die Ich-Form zu wählen. Denn auch sie ist ein Kind der 50er und es ist daher davon auszugehen, dass das Buch schon wesentliche autobiographische Züge trägt.

Die Episoden, die die Autorin hier niedergeschrieben hat, geben einen sehr guten Einblick in die damaligen Lebensumstände und auch den moralischen Wertekompass dieser Zeit gibt sie sehr anschaulich und treffend wieder.

Als Kind der 1970er, das in einem relativ konservativen Elternhaus aufgewachsen ist, habe ich beim Lesen festgestellt, dass sich zwischen diesen beiden Jahrzehnten nicht unbedingt sehr viel geändert hat, zumindest nach meinen Erfahrungen.

Insofern war das Buch ein Stück weit für mich eine Zeitreise zurück in meine Kindheit, wenn man z.B. den Verlauf eines typischen Sonntags verfolgt.

In einem sehr flüssigen Schreibstil, in dem ich bisweilen die wörtliche Rede in Form der „Gänsefüßchen“ vermisst habe, wird das Buch durchaus zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Doch ich denke, „DER GESCHMACK VON LEBERTRAN“ sollte nicht unbedingt nur dazu dienen.

Vielmehr ist es für mein Empfinden ein Buch, das man nach jeder Geschichte gerne einmal zur Seite legen kann. Sei es, um in eigenen Erinnerungen zu schwelgen, oder um sich vor Augen zu halten, unter welchen Lebensumständen die eigenen Eltern und/oder Großeltern herangewachsen sind. Vielleicht schafft das der nachfolgenden Generation auch noch ein wenig zusätzliches Verständnis für die vorhergehende.

Aufgelockert wird das Buch zudem durch diverse Listen mit Sprüchen, Werbeslogans und einigen mehr oder weniger schmackhaften Gerichten.

Aus meiner Sicht hat Cornelia Ertmer hier ein sehr schönes Stück gelebte Geschichte niedergeschrieben, das ein Generationen übergreifendes Publikum verdient hat.

 

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