Rezension Rezension (4/5*) zu Der andere Sohn von Peter Mohlin.

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26. August 2020
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Buchinformationen und Rezensionen zu Der andere Sohn von Peter Mohlin
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Heimspiel

Mohlin & Nyström: Der andere Sohn

Heimspiel

John Adderly war undercover im Einsatz in Baltimore und entkommt nur knapp dem Tod, als der Chef des Drogenrings bemerkt, dass mit seinen Leuten ganz offensichtlich was nicht stimmt. Ein anderer Undercover-Agent rettet ihm das Leben, beide müssen fliehen, sind aber schwer verletzt. Erst im Nachhinein, im Krankenhaus, erfahren beide von ihren jeweiligen Einsätzen und freunden sich an. Sie verbringen nach ihrer Genesung einige Zeit zusammen im Safehouse, müssen sich danach aber trennen und dürfen aus Sicherheitsgründen keinen Kontakt mehr zu einander haben.

Dieses Intro ist schon mal sehr ungewöhnlich und macht neugierig, wie es wohl weitergeht mit dem Protagonisten, zumal John unbedingt in sein Heimatland Schweden zurück möchte, was sich bei seinen Leuten beim FBI nur sehr schwer und mit grober Erpressung durchsetzen lässt.

Aber er schafft das und ermittelt nun in Schweden, in Karlstad, wo ein Cold Case erneut aufgerollt wird, in dem damals und – immer noch – Johns Bruder als Verdächtiger in einem vermuteten Mordfall eine unglückliche Hauptrolle spielt. Aber da John eine neue Identität hat, weiß niemand, dass der Verdächtigte sein Halbbruder ist.

Der Kriminalroman spielt in zwei Zeitebenen: 2009 und 2019. Auch die Kapitel wechseln zwischen Johns Sicht und der Sicht der Eltern der damals mutmaßlich ermordeten jungen Frau, deren Leiche aber damals nie gefunden wurde.

John ist in USA aufgewachsen, sein Vater hat ihn nach der Scheidung der Eltern mitgenommen, während Billy, sein Halbbruder in Schweden bei der Mutter verblieben ist. Auch die finanziellen Verhältnisse der gespaltenen Familie sind extrem unterschiedlich. John ist reich, sein Vater hat viel Geld gemacht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, während die Mutter und Billy eher im Elend leben. John hatte auf jeden Fall beschlossen, egal, ob arm oder reich, sich nie von Geld lähmen zu lassen, wie sein Vater, dessen größte Angst der Verlust seines Vermögens war. (Seite 100)

Es gibt überhaupt viele Gegensätze im Roman, denn die Eltern der verschwundenen jungen Frau sind unvorstellbar reich, bedingt durch ein gut gehendes Modeimperium. So begütert ist John zwar nicht, braucht sich aber finanziell keinerlei Gedanken zu machen.

Was nur könnte eine reiche junge Frau, wie die verschwundene Emelie, dazu bewogen haben, sich mit einem so armen Schlucker wie Billy einzulassen? Oder kannten sie sich etwa gar nicht? Was ist da los?

John, der in Schweden Fredrik Adamsson heißt, hat natürlich auch ständig Angst, dass der Chef des Drogenrings ihm auf die Fährte kommt, da ja Karlstad auch Johns Geburtsort ist. Paranoia und auch Angstzustände begleiten ihn und machen ihm schwer zu schaffen. Und: Wenn ihn die Zeit als verdeckter Ermittler in Baltimore eines gelehrt hatte, dann die Tatsache, dass man so wenig wie möglich lügen sollte. Jede Lüge war ein Schritt in Richtung Entlarvung. (Seite 151) Geschult darin, sich seine Emotionen nicht anmerken zu lassen, brauchte man schon früher beim FBI eine Art von Teflonbeschichtung, nichts durfte haften bleiben. (Seite 98)

Fazit: Die Personen, samt Nebenfiguren, sind unglaublich gut ausgearbeitet in diesem umfangreichen Debüt der beiden Autoren, die sich offensichtlich hervorragend ergänzen. So kommt auf 524 Seiten nie Langeweile auf (Chapeau!) und das Cliffhanger-Ende lässt auf Fortsetzungen hoffen. Mir gefiel zwar die Auflösung nicht ganz so gut, aber das mag Geschmackssache sein. 4 verdiente Sterne.



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