Rezension Rezension (4/5*) zu Das Weihnachtswunder von Old Nichol: Roman von Raymond A. Scofield.

wal.li

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1. Mai 2014
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Das Weihnachtsfenster

Zu Weihnachten dekoriert die Witwe Crackpickle gemeinsam mit ihren beiden Söhnen immer das schönste Schaufenster. Die Menschen, die in dem Armenviertel Old Nichol in London wohnen, freuen sich beinahe während des ganzen Jahres auf diesen erwärmenden Anblick. Doch in diesem Jahr erhält die Witwe die schreckliche Nachricht, ihre beiden Söhne seien bei einem Schiffsunglück ertrunken. In ihrer großen Trauer gibt sie ihrem Ladenmädchen, der 10jährigen Irin Anna die Schuld daran, obwohl das Mädchen nur das Pech hat, die Nachricht zu überbringen. Auch dem 12jährigen Bruder der Kleinen ergeht es schlecht. Mit einem Schuhschwärzerkasten will er sich und seiner Schwester zu genug Geld verhelfen, um nach Australien auswandern zu können. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass die Erfolg versprechenden Plätze schon unter den Schuhschwärzern der Gilde vergeben sind.

So manchem ist der Autor Raymond A. Scofield vielleicht besser bekannt von seinen Romanen, die in Asien angesiedelt sind. Hat man diese spannenden Werke verschlungen, kann man von der hier vorliegenden Geschichte schon überrascht werden. Eine Weihnachtsgeschichte? Kann das gelingen? Sich vergegenwärtigend, dass man die anderen Bücher des Autors teilweise verschlungen hat, macht man sich mit großer Neugier an die Lektüre. Wie wird es den Geschwistern Anna und Benjamin ergehen, die in tiefer Armut leben? Werden sie ihr Schicksal wenden können? Werden sie Hilfe erhalten oder wird sich alles gegen sie verschwören? Zu Beginn scheint für die beiden Kinder wirklich alles schief zu laufen. Anna verliert ihre Anstellung und Benjamin verliert seine Geschäftsgrundlage, für die er sich auch noch Geld geliehen hat.

Tatsächlich könnte der Ort der Handlung einem Roman des großen Charles Dickens entsprungen sein. Dennoch haucht der Autor ihr ein eigenes Leben ein. Schnell werden einem Anna und Benjamin sympathisch. Gerade Anna, die obwohl jünger, doch etwas mehr Durchblick hat als ihr Bruder, der sich ehrenwert aber etwas naiv in Schwierigkeiten bringt, macht es einem leicht sie zu mögen. Überhaupt wünscht man den Geschwistern, die schließlich nur noch sich haben, nur das Beste. Ob das Daumenhalten während des Lesens hilft, muss natürlich jeder selbst herausfinden. Dennoch gibt es bei aller Tragik auch glückliche Momente für die Kinder. Und manchmal scheint es so als halte ihre verstorbene Tante aus dem Jenseits eine schützende Hand über sie.

Eine anheimelnde und herzerwärmende Weihnachtsgeschichte, die man an jedem Weihnachtsabend wieder hervorholen kann, um sie vielleicht gemeinsam mit den Lieben zu lesen.