Rezension Rezension (4/5*) zu Das weibliche Prinzip: Roman von Meg Wolitzer.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Kein Feminismus, aber...

Die Studentin Greer Kadetsky lernt in ihrem ersten Collegejahr die charismatische Frauenrechtlerin Faith Frank kennen. Von da an bemüht sich Greer mit Faith in Kontakt zu bleiben und letztlich sogar eine Job unter deren Führung zu erlangen.
Die Hauptfigur Greer ist eine liebe junge Frau, unendlich bemüht einerseits sich von den alternativen unverantwortlichen Eltern zu distanzieren, andererseits bloß nicht allzu bieder zu werden. Ihre Beflissenheit und Verehrung macht sie kurzsichtig. „Ich habe sogar ihr Fleisch gegessen!“, gesteht die Vegetarierin letztlich nach großer Enttäuschung.
Greers Jugendfreund Cory, der eigentliche Feminist in der Geschichte, wenn man Greers Mutter folgt, ist ein überaus intelligenter, strebsamer junger Mann. Doch sein Lebensplan wird durch eine Tragödie umgelenkt, verpflichtet zu einem Leben das er sich so nicht zu führen vorgestellt hat. Eigentlich ein zutiefst weibliches Schicksal. Ich mochte Cory und seine Geschichte sehr. Genauso wie ich Greers Studienkollegin und Freundin Zee Eisenstat als sehr erfrischenden, eigenständigen und gut herausgearbeiteten Kontrapunkt zu Greer empfand.
Schließlich ist da noch Faith Frank, die alternde Feministin, deren Ideale durch finanzielle Abhängigkeit zu einem zweifelhaften Geldgeber gebeugt werden. Die Retrospektive ihres Lebens liest sich spannend. Ernüchternd ist jedoch die Wandlung von der Frauenrechtlerin zur Veranstalterin von Upper Class Frauen Häppchenevents.
„Ich bin keine Feministin, aber..“, so fällt Faith Frank bei ihrem Vortrag mit der Tür ins Haus, ein so bekannter immer und immer wieder gehörter Satz, den die Frauenrechtlerin zerpflückt. Das ließ hoffen, dass Das Weibliche Prinzip, im Original The Female Persuasion, also Überzeugung, ein großartiger feministischer Roman werden könnte. Davon habe ich mich bald verabschiedet. „Seid laut, macht auf euch aufmerksam“, all das habe ich knackiger, stärker pointiert und gehaltvoller bei Mary Beard, Chimamanda Ngozi Adichie, Rebecca Solnit, Karen Duve etc. gelesen. Was bleibt ist ein unterhaltsamer, leichtfüßig geschriebener, sehr amerikanischer Roman über das Erwachsenwerden, dem Verfolgen von Träumen und Lebensplänen, dem Finden und Loslassen von Idealen und Idolen. Happy End inklusive.