Rezension Rezension (4/5*) zu Das Verschwinden der Erde: Roman von Julia Phillips.

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.702
22.128
49
Brandenburg
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Größtenteils deprimierend


Kurzmeinung: Die Sprache ist nicht ausgefeilt (genug) und von daher gewöhnungsbedürftig.


Die Autorin Julia Phillips hat sich für ihren Episodenroman, der sich über ein Jahr hin erstreckt und dessen zwölf Kapitel nach den Monaten eines Jahres benannt sind, August fortlaufend bis Juli, plus dem dreizehnten Kapitel Silvester, ein besonderes Setting ausgesucht, nämlich die sibirische Halbinsel Kamtschatka.

Sie erzählt von dem Leben in diesem abgelegenen Landstrich. Die Sowjets haben Kamtschatka übernommen, es wurde zwangsbesiedelt mit Russen, die die Kultur der Ureinwohner überlagern und die Überlegenheit der Besatzungsmacht demonstrieren. Das fängt bei der Sprache an, die in der Schule nicht gelehrt wird und „früher“ sogar verboten war und führt stracks in die Chancenlosigkeit, einen Job zu bekommen oder zu halten, wenn man Kinder hat. Die Frauen sind eindeutig benachteiligt. Die ursprüngliche Kultur des Landes, das Nomadenleben, wird in den Städten verspottet, die rituellen Tänze des Volks sind ein Nischenprodukt und und dienen zur touristischen Unterhaltung.

Julia Phillips weiß, wovon sie redet, sie hat ein Studienjahr in der kamtschatkischen Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski verbracht.Das macht ihren Roman wertvoll und authentisch.



In ihrem Roman „Das Verschwinden der Erde“, dessen Titel freilich dem Leser sich nicht ohne die Phantasie zu Hilfe zu nehmen, erschließt, konzentriert sich die Autorin fast ausschließlich auf die Darstellung von Frauenleben. Sie schildert in zahlreichen Abwandlungen deren Abhängigkeiten von ihren Ehemännern, Geliebten und Freunden. Vorgesetzten. Die Frauen scheinen chancenlos. Selbst die stärksten unter ihnen, müssen tiefgreifende Verluste hinnehmen. Der Roman weist durchgehend eine triste und depressive Stimmung auf. Obwohl die Landschaft bergig und sehr schön sein muss, umwerfend schön sogar, haben die wenigsten Anwohner die Gelegenheit, sie zu genießen. Das Land scheint rückständig und sowohl vom gesellschaftlichen wie auch vom wirtschaftlichen Fortschrift abgehängt.

In der Eingangsepisode werden zwei junge Mädchen entführt. Eine Weile spricht man darüber in den sporadisch stattfindenden gesellschaftlichen Zusammenkünften, die Polizei reißt sich nicht gerade ein Bein aus, um den Fall zu klären.



Der Kommentar:

Das Buch ist leicht zu lesen und erlaubt einen Einblick in ein entlegenes und vergessenes Land. Seine kurzen Hauptsätze lassen den Lesefluss oft stocken und erscheinen abgehackt, die Sprache ist modern gesetzt. Das ist Geschmackssache. Dem einen gefällts, dem anderen nicht. (Mir nicht).

Fazit: Das starke Plus des Romans ist sein Setting und die Gesamtkomposition. Die 13 Erzählungen haben einmal mehr und einmal weniger Kraft. Ein weiteres Plus sind die Karte der Halbinsel und das Personenverzeichnis.

Kategorie: Belletristik
Verlag dtv, 2021


 
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