Rezension Rezension (4/5*) zu Das Nest: Roman von Cynthia D'Aprix Sweeney.

wal.li

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1. Mai 2014
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Buchinformationen und Rezensionen zu Das Nest: Roman von Cynthia D'Aprix Sweeney
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Ruhekissen

Wenn die Jüngste ihren vierzigsten Geburtstag feiert, so hat es der Vater verfügt, sollen alle Kinder zu gleichen Teilen aus dem Treuhandvermögen bedacht werden. Bis dahin entscheidet die Mutter über die Verwaltung. Durch kluge Investitionen noch aus Vaters Zeiten hat sich eine nicht unbedeutende Summe angesammelt. Nicht so, dass es für immer reicht, aber doch so, dass es wie eine Beruhigung wirkt und etwas, mit dem man den einen oder anderen Kredit zurückzahlen könnte. Doch schon die Verwalterin ist nicht ganz so sorgsam mit dem Vermögen umgegangen. Und dann kommt der Tag, an dem Leo mit der Kellnerin von der Familienparty verschwindet und mit ihr im Auto einen Unfall hat. Die Folgen des Unfalls lassen das Vermögen zu einem kleinen Rest dahin schwinden.

Die drei Geschwister stehen nun ohne ihre Rückversicherung da und müssen sich in ihrem Leben stark umorientieren. Von Leo erwarten sie eigentlich, dass er das Geld irgendwie aufbringt. Doch dieser Bruder Leichtfuss scheint kaum ein schlechtes Gewissen zu haben. Er kommt einfach bei seiner ehemaligen Freundin unter und führt allem Anschein nach ein recht unbeschwertes Leben. Jack, Bea und Melody, die man könnte sagen um ihr Erbe geprellten Geschwister, haben auf das Versprechen der Auszahlung Schulden gemacht, die sie nun nicht begleichen können. Sie alle haben eine echte Wut auf Leo, wie konnte er nur so gedankenlos und dämlich sein.

Kann eine solche Geschwistergeschichte spannend sein? Vier über Vierzigjährige, die vom Leben und einem aus ihrer Mitte ins kalte Wasser gestoßen werden, denen die sicher geglaubte Rückversicherung genommen wird. Nun müssen sie die Suppe auslöffeln, die Leo ihnen eingebrockt hat und sogar noch darüber nachdenken, ob sie nicht zum Teil selbst schuld an der Misere sind, schließlich haben sie ein Versprechen beliehen. Ob das so klug war, darf sicherlich bezweifelt werden. Auch wenn es natürlich verständlich ist, schließlich möchte man in jungen Jahren investieren, in die Ausbildung der Kinder, in eine Ehe oder ein Haus. Die Auszahlung schien ja sicher. Erstaunlich wie der Autorin es gelingt sowohl die Geschichten der vier Brüder und Schwestern als auch die der weiteren Beteiligten zu einem Ganzen zusammen zu fügen. Man fragt sich zunächst, was die etwas vereinzelt dastehenden Kapitel sollen. Doch nach und nach erhalten die einzelnen fast wie Kurzgeschichten wirkenden Episoden ihren Sinnzusammenhang. Und genau das bewirkt Spannung und macht neugierig auf jedes weitere Kapitel. Mal steht man auf der Seite eines der Geschwister mal auf der eines anderen, keiner ist nur sympathisch oder unsympathisch. Auch wenn man sich der Illusion hingibt, man würde es selbst viel besser machen und nicht so sorglos Geld ausgeben, beginnt man doch darüber nachzudenken, ob man im Vertrauen auf die Zukunft nicht ähnlich handeln würde und dann auch ähnlich dämlich dastünde. Schließlich ist es eine Familiengeschichte, die fesselt und einen beim Lesen mancher Teile förmlich in die Handlung hineinsaugt.