Rezension (4/5*) zu Das Leben eines Anderen: Roman von Keiichirō Hirano

Naraya

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1. November 2019
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Identitätssuche

Vor acht Jahren vertrat der Anwalt Akira Kido eine Klientin bei ihrer Scheidung. Nun wendet Rie Takemoto sich erneut an ihn – mit einer delikaten Angelegenheit: Nach dem Tod ihres zweiten Ehemanns Daisuke Taniguchi stellte sich heraus, dass dieser mit ihr unter einem falschen Namen zusammengelebt hatte. Doch wer war er wirklich? Und was hat ihn veranlasst, seine Frau und Kinder zu belügen? Die Suche nach der Wahrheit führt Kido in tiefe Abgründe; sowohl die fremder Menschen, als auch seine eigenen.

„Das Leben eines Anderen“ ist der erste ins Deutsche übersetzte Roman des japanischen Schriftstellers Keiichirō Hirano und wird auf interessante Art und Weise erzählt. In der Vorrede schildert der Autor, wie er seinen Protagonisten kennenlernte und dieser ihm die Erlaubnis erteilte, über ihn und seinen Fall zu schreiben. Diese Szene taucht später im Roman so ähnlich noch einmal auf, als Kido auf die Nebenfigur Misuzu trifft – beide Male stellt er sich unter falscher Identität vor, so dass die Vorrede dem ganzen Roman einen Anschein von Authentizität verleiht.

Wer sich von dem Buch eine Kriminalhandlung im klassischen Sinne erwartet, der wird vermutlich enttäuscht, denn während es vordergründig zwar um Daisuke Taneguchi und die Suche nach seiner wahren Herkunft und seinem richtigen Namen geht, so steht auf den zweiten Blick ein ganz anderes Thema im Fokus, nämlich das der Identität und somit auch die Frage, was dieses Wort eigentlich für unser Leben bedeutet.

Der erste Teil wird nach und nach – und durchaus zufriedenstellend – aufgelöst. Der Autor erzählt, wie Rie und Daisuke sich kennenlernten, zeichnet Kidos Nachforschungen nach und präsentiert am Ende das Ergebnis, mit dem Ehefrau und Kinder erst einmal leben müssen. Der zweite Teil gestaltet sich da schon komplizierter, denn im Verlauf des Geschehens erfahren wir, dass in Kidos Leben und vor allem in seiner Ehe auch nicht alles nach Plan läuft. Umso größer ist für ihn die Versuchung, sich selbst eine neue Identität zu schaffen. Vom Schluss des Romans hätte ich mir mehr Konsequenz gewünscht, so blendet er leider recht leise aus.

 
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