Taschenbuch: 448 Seiten Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Paperback); Auflage: 6., Aufl. (16. September 2010) Sprache: Deutsch ISBN-10: 3785760108 ISBN-13: 978-3785760109 Originaltitel: The Book With No Name Größe und/oder Gewicht: 21,4 x 13,6 x 4,4 cmKaufen
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Ein Buch ohne Autor über ein Buch ohne Autor. Wow. Im Zusammenhang mit dem Klappentext finde ich das schon durchaus reißerisch. Es drängt sich förmlich der Verdacht auf, dass man einem Marketing-Gag für ein Werk aufgesessen ist, welches von den inneren Werten nicht halten kann, was es außen verspricht. Nun gilt es zu klären, ob man hier vielleicht einem Irrtum unterliegt.
Zuerst muss man sagen, dass “Das Buch ohne Namen” relativ komplex aufgebaut ist. Es beschränkt sich nicht auf wenige Hauptfiguren, sondern man bekommt förmlich einen “Sternmarsch” vorgesetzt, der ein und die selbe Geschichte aus der Perspektive von einigen Protagonisten erzählt, die sich schließlich zum Finale hin immer näher kommen und schließlich begegnen. Eine interessante Schreibform, auch wenn es gerade zum Anfang etwas schwer fällt, die einzelnen Handlungsstränge zu verfolgen und auf einen Nenner zu bringen. Je mehr man sich jedoch dem Ende des Romanes annähert, umso flüssiger lesen sich die einzelnen Geschichten – welche jeweils ihren ganz eigenen Spannungsbogen aufbauen. Ein sehr großer Vorteil für dieses Buch, denn einige der Stories sind (auch hier wieder: besonders am Anfang) doch eher zäh und langatmig. Dass der Autor relativ schnell von einem Protagonisten zum nächsten wechselt, hält den Leser jedoch bei der Stange, denn man kann sagen, dass zumindest keine zwei langweiligen Kapitel aufeinander folgen. Sicherlich wäre es schöner gewesen, wenn diese Längen komplett vermieden worden wären, aber es geht auch deutlich schlimmer. Nach etwa 100 – 120 Seiten ist auf jeden Fall ein konstanter Spannungsbogen vorhanden, der mich als Leser nicht mehr los gelassen hat.
Die Charaktere selber sind gut ge- und in vielen Fällen auch überzeichnet (so hat man es mit recht vielen Figuren zu tun, die beim Lesen quasi Superkräfte zu haben scheinen), auch wenn der Autor darauf verzichtet hat, mit zu vielen unnötigen Details aus deren Vergangenheit zu langweilen. Unnötig aus dem Grund, dass im “Buch ohne Namen” sehr schnell gestorben wird. Und sehr viel. Und streckenweise äußerst blutig – was auch gerne einmal sehr detailliert geschildert wird. Man sollte also schon ausreichend starke Nerven haben und auch etlichen recht eklig beschriebenen Szenen nicht abgeneigt sein, um wirklich Spaß mit diesem Werk zu haben. So weit, so gut. In Hinsicht auf die Action versagt Anonymus aber leider. Grundsätzlich wird zu Beginn einer Auseinandersetzung ausgeblendet und der Faden auch erst dann wieder aufgegriffen, wenn bereits alles gelaufen ist. Die einzige Ausnahme bildet hier das Finale, in welchem die Geschehnisse aus der Sicht eines der Teilnehmers etwas detaillierter geschildert werden. Mit einem Action-Thriller hat man es also in jedem Fall nicht zu tun. Trotz dieser Schwächen ist es mir aber schwer gefallen, “Das Buch ohne Namen” aus der Hand zu legen. Die Story selber entwickelt sich mit rasender Geschwindigkeit weiter und wird dabei immer spannender. Man möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht.
Erwähnenswert ist auch noch, dass sich der Roman nicht völlig ernst nimmt. Das merkt man schon an der erwähnten Überzeichnung der Charaktere – und das schlägt sich auch in der humoristischen Schlagseite nieder. Man sollte natürlich nicht erwarten, mit dem feinen, zynisch-ironischen Humor eines Pratchett oder Gaiman konfrontiert zu werden. Anonymus setzt, wunderbar einhergehend mit der Brutalität seiner Schilderungen, auf einen eher brachialen Humor. Darauf muss man sich einlassen wollen, keine Frage. Wenn man das aber tut und ihn im Idealfall ohnehin mag, wird man aber auch hieran seine blanke Freude haben. Auch sollte man zum “Buch ohne Namen” noch sagen, dass man es nicht ausschließlich mit Menschen als Charakteren zu tun bekommt. Hier und dort taucht der eine oder andere Untote, meistens in Form von Vampiren, auf. Ich hätte es gut gefunden, wenn das im Klappentext zumindest angeschnitten worden wäre – nicht, weil ich mit dieser Thematik nichts anfangen könnte, sondern weil man mit der vorliegenden Beschreibung vielleicht eine eigene Erwartungshaltung aufbaut, die der Roman nicht erfüllen kann. Hierfür gibt´s Abzüge in der B-Note.
Fazit:
Ich hatte einen Heidenspaß mit “Das Buch ohne Namen”. Abgedreht und blutig, dabei aber spannend und unterhaltsam bis zum Ende. Da es mit unter aber sehr speziell ist, muss man sich als Leser wirklich darauf einlassen wollen, sonst wird man wohl nicht viel Vergnügen mit dem Roman haben. Ich für meinen Teil freue mich aber schon auf “Das Buch ohne Staben” und “Das Buch ohne Gnade”, welche die Geschichte des Bourbon Kid fortsetzen.