Rezension Rezension (4/5*) zu Blaubeermorde: Kriminalroman von Mareike Marlow.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Buchinformationen und Rezensionen zu Blaubeermorde: Kriminalroman von Mareike Marlow
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Ein Wohlfühlkrimi...

Eigentlich beginnt für Jana mit ihren 63 Jahren gerade ein neuer Lebensabschnitt. Vor einigen Wochen hat sie ihren verwitweten Vater zu Grabe getragen, nun hängt sie ihren Arztkittel an den Nagel und übergibt ihrem Nachfolger den Schlüssel zu ihrer Landarztpraxis. Ihre letzten Habseligkeiten verfrachtet Jana in ihrem Landrover und schafft sie in das Haus am See, das ihrem Vater gehörte und in dem er bis zu seinem letzten Tag gelebt hat. Doch am Tag der Testamentseröffnung erlebt Jana etwas Unerwartets. Sie ist nicht die einzige, die beim Notar erschienen ist, sondern es taucht auch eine junge Frau dort auf, die Jana vage bekannt vorkommt. Der Schrecken ist groß, als sie erfährt, dass es sich bei der jungen Frau um ihre bis dato unbekannte Halbschwester handelt.
Tessa heißt die junge Frau, die gerade einmal 32 Jahre alt und damit viel jünger als Jana ist. Und als würde diese Überraschung nicht ausreichen, versetzt sie der letzte Wille ihres Vaters beinahe in Schockstarre. Beide Schwestern erben nicht nur gemeinsam das Haus am See - die Bedingung, die ans Erbe geknüpft ist, ist für Jana und Tessa kaum vorstellbar: sie müssen wenigstens ein Jahr lang zusammen in diesem Haus leben, erst dann können sie damit machen, was sie wollen. Ansonsten würde das Erbe an einen Tierschutzverein fallen.

Tessa, die als Fotojournalstin in Berlin für das Magazin 'LandChic' arbeitet, hat gerade erfahren, dass sie ihren Job verlieren wird, und sich am selben Tag auch von ihrem Freund getrennt. Da sie sowieso nicht weiß, wie es in ihrem Leben weitergehen soll, entscheidet sie spontan, dass sie es mit dem Leben in dem kleinen Kaff zwischen Bremen, Hamburg und Hannover einfach mal ausprobieren wird. Doch noch bevor sich die beiden Schwestern mit der unvorhergesehenen Situation auch nur halbswegs arrangieren können, findet sich ausgerechnet in dem See vor ihrem Haus eine Leiche. Keines natürlichen Todes ist die Frau im See gestorben, das lässt sich auf den ersten Blick erkennen. Und als ob das nicht ausreichen würde, bleibt es nicht bei der einen Toten.


"Also richtig geraten. Noch eine." Sie holte hörbar Luft. Die Frau war noch jung gewesen. "Geht das bei euch immer so zu? Ich mein, ich bin grad zwei Tage hier und schon liegen zwei Leichen in eurer ach so friedlichen Natur rum." - "Ja, das ist bei uns Standard..."


Abgesehen davon, dass sich hier immer mal wieder eine Leiche einfindet, ist das Leben in Burgheide die reinste Landidylle, und die Autorin Mareike Marlow wird nicht müde, dies in zahlreichen bildhaften Darstellungen zu beschreiben. Gäbe es die Todesfälle nicht, wäre dies ein unterhaltsamer Frauenroman, denn auch die Kuchenrezepte fehlen hier nicht. Jana und Tess liefern sich immer wieder kleine verbale Scharmützel, denn die Unterschiede zwischen den beiden sind nicht zu übersehen: alt vs. jung, Tee vs. Kaffee, norddeutsche Kühlheit vs. Berliner Kodderschnauze. Die Begegnungen zwischen den beiden machen schon Spaß.
Doch mit den Leichen ergibt sich für die beiden auch eine neue Aufgabe. Der eigentliche Dorfpolizist befindet sich gerade im Urlaub auf Mallorca, der andere ist noch jung und unerfahren und widmet sich lieber seinen Backkünsten als den Brutalitäten dieser Welt. Und der eilends herbeigerufene Kripobeamte aus der nächsten Stadt ist einfach ein selbstherrlicher, arroganter und natürlich komplett unfähiger Schnösel. Und so müssen wohl die Schwestern ran, wenn nicht der Falsche verhaftet werden soll.


Jana schob sich an den Tresen vor. "Es geht wirklich um Leben und Tod. Die Kriminalpolizei will die Akte schließen." - "Ja", stand Tessa ihr bei. "Aber wir glauben nicht an die Theorie von Kommissar Kettel." - "Und wenn wir recht haben, dann kommt ein Mörder ungestraft davon. Er lebt in unserem Dorf und..." - "Kettel?", wollte Beatrix plötzlich wissen. "So ein halber Meter, Hemd mit Stehkragen. Schaut einen nicht an?" - "Ach. Witzig, welch große Schatten so kleine Dinge werfen können", meinte Tessa und grinste. "Sie hatten wohl auch schon das Vergnügen?" - Prompt drehte sich die Gerichtsmedizinerin um. "Kommen Sie mit. Der Typ ist eine Katastrophe."


Natürlich sind dies keine ernstzunehmenden Ermittlungen wie in anderen Krimis oder Thrillern. Dies ist eher ein Unterhaltungskrimi im Stile einer Vorabendserie. Und eine Serie will die Autorin auch kreieren mit den beiden so unterschiedlichen Schwestern - der Beginn mit diesem ersten Band ist jedenfalls nicht schlecht. Diese Mischung aus Idylle, duftenden Kuchenrezepten, Wortwitz, kriminalistischem Gespür und Humor ist genau das richtige für einen verregneten Nachmittag auf dem Sofa - nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Einfach ein Wohlfühlkrimi für zwischendurch.


© Parden

 

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