Rezension Rezension (4/5*) zu Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman von Vea Kaiser.

wal.li

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1. Mai 2014
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Die Bergbarbaren

Als Chronist seines Dorfes versteht sich der junge Johannes A. Irrwein. Sein großes Vorbild ist sein Großvater, der als einer der ersten das Dorf verlassen hat, um Arzt und Wissenschaftler zu werden, der als einer der Wenigen die Hochsprache spricht. Seinen Eltern dagegen ist Johannes nicht sehr gewogen. Sie kommen ihm wie echte Bergschrate vor, die ihm manchmal peinlich sind. Für Johannes ist es ein Glück, dass er ein Stipendium an einer weiterführenden Schule bekommt, wo er sich zum ersten Mal unter Gleichgesinnten glaubt.

Aus Johannes’ von seiner Meinung gefärbten Notizen erfährt man von der Geschichte des Bergdorfes St. Peter am Anger. Diese bilden jedoch nur den Hintergrund zur Familiengeschichte des Jungen. In der eigentlichen Handlung wird von Johannes Großeltern berichtet, seinem Großvater, der auszog die Welt und die Wissenschaft kennenzulernen, seiner Großmutter, die die Tochter hegte. Die Tochter, die Johannes’ Mutter wurde, die so garnichts von der Weltoffenheit des Großvaters abbekommen hat. Sein Vater, der ein rechtes Raubein ist. Johannes selbst dagegen, ist ein stilles in sich gekehrtes Kind, das sehr zu seinem Großvater aufschaut. Nach dessem frühen Tod, möchte der Junge nur eines, in die Fußstapfen seines geliebten Opa-Doktors treten.

Kauzig, aber lebensecht wirken die Dorfbewohner von St. Peter. Und manchmal so hinterwäldlerisch, dass man verstehen kann, dass Johannes einfach nur weg will. Es gibt Zeiten, da will man einem fast unverständlichen Dialekt und der dörflichen Enge nur entfliehen. Doch so wie das Dorf sich letztlich nicht gegen den Fortschritt stellen kann, auch wenn es sich noch so wehrt, so kann sich auch Johannes dem Charme des Dorfes nicht erwehren als er etwas älter wird. Was wird der junge Mann unternehmen, wenn er das Abitur in der Tasche hat, sein Reifezeugnis. Gekonnt schlägt die Autorin den Bogen vom Opa-Doktor zum Enkel-Doktor. Mit ihren skurrilen Charakterzeichnungen lässt sie ihre Leser teilhaben am Prozess des Erwachsen werdens, den Johannes durchläuft. Wenn einem der Junge zunächst noch etwas verschroben vorkommt, so wächst er mit den Aufgaben, in die er sich hineinlaviert, und findet eine jugendliche Balance zwischen seiner aneckenden Intelligenz und seiner herzerwärmenden Gutmütigkeit.