Rezension (4/5*) zu Besichtigung eines Unglücks: Roman von Gert Loschütz (Autor)

wal.li

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1. Mai 2014
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Lebenswege

Kurz vor Weihnachten des Jahres 1939 sind die Züge zum einen wegen der bevorstehenden Feiertage und zum anderen wegen der Kriegseinsätze von Zügen und Lokführern brechend voll. So auch die beiden Züge von Berlin nach Köln und Neunkirchen (Saar). Kurz vor dem Bahnhof Genthin rast der nachfahrende Zug mit großer Geschwindigkeit in den stehenden Zug davor. Die Wagen keilen sich ineinander und viele Menschen sterben. Unter den Verletzten befindet sich auch die junge Carla Finck, die im Krankenhaus allerdings den Namen Buonomo angibt. Jahre später stößt Thomas Vandersee auf diese Begebenheit. Seine eigene Familie stammt aus Genthin und so ist sein Interesse geweckt.

Was kann man viele Jahre nach so einem schweren Unglück noch herausfinden? Durch die eigene familiäre Verbindung steigt die Hartnäckigkeit. Vandersees Mutter Lisa war zur Zeit des Unglücks bei dem örtlichen Modegeschäft in Ausbildung. Möglicherweise kannte sie Carla Finck sogar. Carlas Schicksal ist von Geheimnissen umgeben. Doch auch Lisa Vandersee ist manchmal nicht gerade auskunftsfreudig, wenn es um die eigene Vergangenheit geht. So wird die Suche von Thomas Vandersee nach dem Schicksal von Carla Finck auch eine Suche nach seiner eigenen Geschichte.

Der Titel dieses Buches weckt Interesse. Wie kann eine leider in Vergessenheit geratene Zugkatastrophe den Hintergrund für einen spannenden Roman bilden? Der Autor gibt die Antwort darauf. Zum einen hält er sich an die bekannten historischen Vorgaben, zum anderen ersinnt er eine verwickelte Handlung um die junge Carla und auch seine Mutter. Welches Leid brachte das Unglück über die zufällig zusammengewürfelten Reisenden und das Zugpersonal, welche Zufälle bilden die Verbindungen zwischen den beiden Frauen, wie reicht es sogar in das Leben des Berichterstatters hinein? Fragen, die auf eine Art geklärt werden, dass man während der Lektüre gepackt und mitgerissen wird. Menschen haben häufig etwas zu erzählen, man muss sie nur mal fragen. Oder auch auf anderen Wegen versuchen herauszufinden, wie es war. Es gibt tragische Momente und auch hoffnungsvolle, erklärende und es gibt Geheimnisse, die bleiben. Ein überraschender zeitgeschichtlicher Roman, den zu lesen sich unbedingt lohnt.


 

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