Ein ehemaliger Beamter sitzt verbittert in seiner Kellerwohnung am Stadtrand von St. Petersburg und klagt die Welt an. Obwohl erst in den Vierzigern, hat er seinen Dienst quittiert und lebt von einer kleinen Erbschaft mehr schlecht als recht. Was seinen Furor erregt, ist der »moderne Mensch« und die von diesem geprägte Gesellschaft. Mit hemmungsloser Offenheit berichtet er auch über seine eigenen Erfahrungen des Scheiterns, von Entfremdungen und Missverständnissen. Je weiter er sich in seine Generalabrechnung hineinsteigert, desto unerbittlicher wird er gegen sich selbst.
Dostojewskis meisterliche psychologische Studie besticht durch die Suggestivkraft einer durch und durch radikalen Selbst- und Weltbeschreibung. Pünktlich zum 200. Geburtstag des Autors am 11.11.2021 erscheint dieses große kleine Werk in Neuübersetzung durch Ursula Keller.Kaufen
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.... oder wie mir das wunderschöne Büchlein aus dem Manesse-Verlag mit Lesebändchen, neu übersetzt und kommentiert von Ursula Keller, dieses Jahr schon den zweiten Klassiker (neben Faust von Goethe) erfolgreich nähergebracht hat.
Was nutzt es dem Pferdefüßigen, wenn er ein neues Gewand trägt, wir erkennen ihn trotzdem am Hinken! Schockiert von den philosophischen Ergüssen und Widersprüchen eines lupenreinen Miesepeters in St. Petersburg, der seinen Beamtendienst quittiert hat und nun mit schlechter Laune in seiner Bude hockt, quälte ich mich durch den ersten Teil seiner Aufzeichnungen. Darin beklagt er sich über die Dummheit der Menschen, die es nicht verstehen, dass ihr Streben nach einem erfüllten Leben unnütz sei. Er selbst aber sei schlau genug, dieses zu durchschauen. Er ergießt sich in Hass und Selbstmitleid. Nur er selbts verstünde die Schwermut eines Romantikers mit der russischen Seele zu verknüpfen und damit die wahre Sinnlosigkeit des modernen Lebens zu entblößen.
Erst im zweiten Teil lesen wir von seinen Erinnerungen an vergangene Begebenheiten, bei denen er alte Schulkameraden traf und sich vermeintlichen Herabwürdigungen zwanghaft zu rächen versucht. Fast möchte man sich fremdschämen dafür, wie entschlossen und sich doch gleich wieder herausredend er diese Situationen beschreibt und zugleich dem Leser unterstellt, dass er doch nur alles missversteht. Der Höhepunkt war dann auch die Szene, in der einem Freudenmädchen erst die Leviten liest, ihr dann seine Hilfe verspricht und als diese sie einfordert, beleidigt und schmählich im Stich lässt.
Ich fragte mich, was mir Dostojewski da angetan, warum er mir dieses Ekel, bar jeden guten Haares untergeschoben hatte. Weder konnte ich eine etwaige dunkle Seite des Autors, noch einen Lichtblick auf Besserung des Ich-Erzählers erkennen.
Zwar schrieb Dostojewski diese Novelle unter dem Eindruck von Krankheit und Schulden, doch sollte es wohl eher die Steilvorlage für diverse Figuren in seinen späteren Romanen werden. Unter dieser Prämisse und mit einem sehr aufschlussreichen Nachwort der Übersetzerin, fühle ich mich gestärkt und gerüstet für die "Dicken", für die großen Romane des russischen Schriftstellers.
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