Rezension Rezension (4/5*) zu Amor und Psyche von Apuleius.

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.835
7.675
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Ein Märchen aus der Antike...

Als die Göttin Venus von der überirdischen Schönheit der Königstochter Psyche erfährt, schickt sie ihren Sohn Amor auf die Erde. Er soll die unliebsame Konkurrentin mit einem schrecklichen Dämon verheiraten. Doch auch Amor erliegt Psyches Schönheit und statt die Wünsche seiner Mutter zu erfüllen, lässt er die Geliebte heimlich in ein abgelegenes Schloss bringen. Dort besucht er sie Nacht für Nacht - bis Venus den Betrug ihres Sohnes entdeckt und die Liebe der beiden auf eine harte Probe stellt.

Auf manche Werke stoße ich durch reinen Zufall. So stöberte ich letztens durch die aktuellen Sendungen von NDR Kultur und stieß dabei auf dieses Hörbuch, gelesen von Helene Grass. Ich zitiere hier den Sender:

"'Amor und Psyche' ist das bekannteste und wohl auch schönste und tiefsinnigste Märchen, das aus der Antike überliefert ist. Sein Verfasser Lucius Apuleius schrieb es in lateinischer Sprache als Teil eines komischen Romans, der den Titel 'Der goldene Esel' trägt und um 170 nach Christus entstand. Das Märchen, das durchaus eigenständigen Charakter hat, erzählt von der Liebe des Gottes Amor zu der Königstochter Psyche und ist reich an religiöser und erotischer Symbolik. Der Lesung von Helene Grass liegt die klassische deutsche Übersetzung von August Rode aus dem Jahr 1783 zugrunde."

Ehrlich gesagt war mir weder 'Der goldene Esel' noch 'Amor und Psyche bislang ein Begriff. Wenn man Wikipedia glauben darf, haben sich an der Interpretation des Stoffs aber schon so manche Wissenschaftler versucht. Während der Roman selbst wohl eindeutige historische Wurzeln aufweist, glauben viele, dass das eingefügte Märchen auf einer Eingebung von Apuleius selbst basiert. Aber auch bezüglich der Interpretation des Märchens selbst bestehen wohl Uneinigkeiten unter den Forschenden.

Einigkeit besteht lt. Wikipedia aber wohl darin, dass das Märchen von 'Amor und Psyche' in den folgenden Jahrhunderten große Auswirkungen zeigte. Ich zitiere wieder (Wikipedia):

"Die in den Roman eingefügte Erzählung von Amor und Psyche hat seit der Renaissance das Lesepublikum fasziniert und eine außerordentliche Breitenwirkung entfaltet. Ihr mythologischer Stoff, die Liebesbeziehung zwischen dem Gott Amor und der Königstochter Psyche, hat Hunderten von Dichtern, Schriftstellern, Malern, Bildhauern, Komponisten und Choreografen Motive geliefert. An der wissenschaftlichen Diskussion über die Erzählung haben sich neben den Altertumswissenschaftlern und Literaturtheoretikern auch eine Reihe von Psychoanalytikern und Rechtshistorikern beteiligt."

Tatsächlich fühlte ich mich in manchen Passagen des Märchens von 'Amor und Psyche' an einige Märchenerzählungen späterer Jahrhunderte erinnert, wie z.B. an Aschenputtel, Schneewittchen, Frau Holle oder auch Das tapfere Schneiderlein. In jedem Falle tauchen hier altbekannte Götter griechischer Sagen auf, und allein das hat ja schon Wiedererkennungswert.

Helene Grass liest den Text der ungekürzten Ausgabe (1 Stunde und 48 Minuten) langsam und angenehm betont, so dass man beim Hören in die Erzählung hineingleiten kann. Den übermäßigen Zorn der Göttin Venus konnte ich persönlich nicht nachvollziehen, aber Götter stehen wohl jenseits jeder Kritik...

In jedem Fall finde ich es beeindruckend, dass solch ein antikes Märchen (immerhin schon über 1800 Jahre alt!) heute noch überlieferbar ist. Mir hat das Hörerlebnis gut gefallen!


© Parden