Ein Geräusch. Der Schatten eines Mannes. Ein Schuss. Als Marie Mitchell eines Nachts in ihrem Haus von einem bewaffneten Mann angegriffen wird und ihm nur knapp entkommt, weiß sie, dass ihre Vergangenheit als amerikanische Spionin sie eingeholt hat. Und dass sie in den USA nicht länger sicher ist.
1986: Der Kalte Krieg ist noch nicht vorbei. Marie Mitchell arbeitet als Geheimagentin beim FBI. Sie ist außerordentlich gut in ihrem Job, und sie ist die einzige schwarze Frau in einem Club weißer Männer. Statt endlich ins Feld geschickt zu werden, muss sie sich Tag für Tag mit Papierkram herumschlagen. Dann wird ihr plötzlich doch die Teilnahme an einer Geheimoperation angeboten. Sie soll Thomas Sankara ausspionieren, den charismatischen sozialistischen Präsidenten von Burkina Faso.
Was Marie nicht ahnt: Dieser Einsatz wird nicht nur alles ändern, was sie über Spione, die Liebe und ihr Land zu wissen glaubte, er wird sie auch direkt ins Fadenkreuz des Geheimdienstes führen. Lauren Wilkinson erzählt den Spionageroman neu: mutig, zeitgemäß und hochspannend. Dieses Gesicht des Kalten Krieges kennen Sie noch nicht.Kaufen
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„ American Spy“ ist der Debutroman der afro- amerikanischen Schriftstellerin Lauren Wilkinson. In den USA war das Buch ein großer Erfolg, auch weil es Barack Obama 2019 auf seine Sommerleseliste gesetzt hat. Der deutsche Verlag wirbt deshalb mit einem Zitat des ehemaligen amerikanischen Präsidenten:“ Weit mehr als ein Spionagethriller.“
Thriller- Elemente gibt es im Roman eher wenige, dafür spricht er gesellschaftliche und politische Themen an, die auch heute noch aktuell sind, obwohl die Haupthandlung in den 1980er Jahren spielt.
Es beginnt höchst spannend. Ein unbekannter Killer dringt nachts in das Haus der Ich- Erzählerin Marie Mitchell ein. Sie kann ihn zwar überwältigen und töten, aber danach weiß sie, dass sie sich verstecken muss. Vor allem um ihre 4jährigen Zwillingssöhne zu schützen. Mit gefälschten Papieren reisen sie zu Marie‘s Mutter nach Martinique.
Hier beginnt Marie einen Bericht zu schreiben, damit ihre Söhne, falls ihr etwas passiert, wissen, wer ihre Mutter war. Dazu holt sie weiter aus, geht zurück in ihre eigene Kindheit. Aufgewachsen ist sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Helene im New Yorker Stadtteil Queens. Der Vater arbeitet als Polizist; die Mutter verlässt die Familie, als die Mädchen noch klein sind und kehrt zurück auf die Insel ihrer Vorfahren, nach Martinique. Marie konnte das ihrer Mutter nie verzeihen, hat auch jetzt noch ein gespaltenes Verhältnis zu ihr.
Dafür liebt und bewundert sie ihre mutige und starke Schwester. Die weiß schon früh, was sie machen möchte, nämlich beim Geheimdienst arbeiten. Zunächst verpflichtet sie sich beim Militär, muss nach Vietnam und kommt nach ihrer Rückkehr unter mysteriösen Umständen bei einem Verkehrsunfall zu Tode.
Marie beginnt beim FBI zu arbeiten. Aber als Frau und als Schwarze hat sie es doppelt schwer, sich zu bewähren. Da kommt ihr ein Angebot des CIA gerade recht. Sie soll auf einer Auslandsmission in Afrika eingesetzt werden. Dazu muss sie zuerst des Vertrauen eines afrikanischen Politikers erwerben. Thomas Sankara wird bei der UNO- Vollversammlung eine Rede halten und Marie wird auf ihn angesetzt.
Thomas Sankara war von 1983- 1987 Präsident des afrikanischen Staates Burkina Faso ( „ Land der aufrechten Menschen“). Er sah sich selbst als marxistischen Revolutionär, galt als „ afrikanischer Che Guevara“. Vorrangig wollte er den Hunger in seinem Land bekämpfen, setzte sich für ein funktionierendes Gesundheitssystem und die Gleichberechtigung der Frauen ein. Im Oktober 1987 wurde Sankara ermordet.
Die USA wollte in dem afrikanischen Staat aber einem amerikafreundlichen Gegenkandidaten zur Macht verhelfen und dabei soll Marie eine wichtige Rolle spielen. Ironischerweise erhält sie diesen Job gerade weil sie eine schwarze Frau ist.
Doch Marie erliegt dem Charme des charismatischen Politikers und sympathisiert mit dessen Ideen. Es kommt zu dramatischen Szenen in Afrika, Marie trifft eine folgenschwere Entscheidung und bringt sich damit selbst in Gefahr.
Lauren Wilkinson erzählt ihre Geschichte nicht streng chronologisch , sondern wechselt zwischen den Zeiten und den verschiedenen Erzählsträngen. Der Roman ist ein Mix aus Spionagestory, Familiengeschichte und politische Lehrstunde. Der Leser erfährt viel über Burkina Faso und dessen zeitweiligen Präsidenten ( ich habe zusätzlich noch im Internet recherchiert ), aber auch über Amerikas Einflussnahme auf afrikanische Staaten.
Aber vor allem ist es ein Roman über die Diskriminierung von Schwarzen und von Frauen in den USA und vornehmlich bei den männerdominierenden Geheimdiensten. In einer Diskussion im Buch geht es z.B. darum, ob Schwarze überhaupt als Polizisten, Soldaten oder Geheimdienstler für ein Land eintreten sollen, dessen Gesetzgebung sie noch immer unterdrückt.
Einen Kritikpunkt habe ich, nämlich die unglaubwürdige Liebesgeschichte und die Enthüllung, wer der Vater ihrer Kinder ist. Das hätte sich die Autorin sparen können.
Trotzdem ist „ American Spy“ ist lesenswerter Spionageroman, der gleichzeitig komplex und unterhaltsam ist.
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