Rezension Rezension (4/5*) zu Alles richtig gemacht: Roman von Gregor Sander.

MRO1975

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11. August 2018
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Alles richtig gemacht, oder doch nicht?

Thomas und Daniel sind ungleiche Freunde, deren Lebenswege sich zeitweilig trennen, doch immer wieder kreuzen.

Als Kinder wachsen sie gemeinsam im Rostock der Vorwendezeit auf. Thomas stammt aus gutbürgerlichen Verhältnissen; seine Eltern führen eine eigene Drogerie und haben sich der Eingliederung in die volkseigenen Betriebe erfolgreich erwehren können. Ihnen geht es bei allen Beschwerlichkeiten, mit denen Jedermann im DDR-Alltag zu kämpfen hatte, noch „gold“. Daniel kommt dagegen aus einfachen Verhältnissen. Seine Mutter arbeitet als Krankenschwester im Schichtsystem; sein Vater ist weg.

Daniel ist ein Alleingänger und als er neu an Thomas Schule kommt, bleibt er zunächst für sich. Doch Thomas sucht den Kontakt und beide werden trotz des unterschiedlichen familiären Backgrounds enge Freunde. Sie durchleben und teilen fast alles miteinander. Als 1989 die Mauer fällt, ist für Thomas und Daniel dann auf einmal alles möglich. Daniel geht nach der 10. Klasse von der Schule ab und lernt Koch. Ihn verschlägt es über Rostock und Berlin bis nach Südfrankreich. Thomas geht einen konservativeren Weg. Er macht Abitur, beginnt mehrere Studienfächer und studiert schließlich Jura.

Der Kontakt bleibt zunächst eng. Eine Weile wohnen sie zusammen in Berlin und genießen ihre Jugend im „wilden Osten“ der Nachwendezeit. Doch irgendwann zieht es Daniel in die weite Welt und Thomas konzentriert sich auf sein Studium.

Der Roman setzt Jahre später ein, als Thomas bereits Rechtsanwalt ist. Seine Frau hat ihn mit den gemeinsamen Töchtern gerade verlassen und er soll für einen Mandanten unliebsame Mieter zum Auszug überreden. Da steht auf einmal Daniel wieder vor ihm und bittet ihn um Hilfe. Kurzerhand quartiert Thomas Daniel in einer der Wohnungen seines Mandanten ein. Dann überschlagen sich die Ereignisse und am Ende fragt man sich, ob hier irgendwer irgendetwas richtig gemacht hat.

Mein Fazit: Im Großen und Ganzen ist dieser Wende-Coming-of-Age-Roman gut gelungen. Vor allem die Szenen aus dem DDR-Alltag waren authentisch geschrieben und haben viele, fast verschüttete Erinnerungen wachgerufen. Auch in die Wendejahre und das Gefühl, ganz neu zu beginnen und ungeachtet von Herkunft und Background unbegrenzte Möglichkeiten zu haben, konnte ich mich gut zurückversetzen. Nur mit der Berliner „Szene“ konnte ich nicht so viel anfangen - vllt. weil ich andernorts unterwegs war.

Dagegen fand ich die Geschichte um das erneute Zusammentreffen der Freunde als Erwachsene etwas zu gestelzt. Auf wenigen Seiten überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse. Die Wendungen nehmen überhand und werden auch nicht mehr richtig ausgeschrieben. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen. Daher gibt es von mir in diesem Fall nur vier Sterne.