Rezension (4/5*) zu 44 TAGE - Und Deutschland wird nie mehr sein, wie es war von Stephan R. Meier

wal.li

Bekanntes Mitglied
1. Mai 2014
2.713
2.674
49
Die Entführung

Am 05. September 1977 wird der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer entführt. Seine Personenschützer werden getötet. Die in Stuttgart Stammheim einsitzenden Terroristen sollen freigepresst werden. Der Chef des Verfassungsschutzes Roland Manthey soll die Ermittlungen koordinieren, die sofort mit höchster Priorität aufgenommen werden. Er leitet den Stab aus den Spitzen der verschiedenen Behörden und der Politik. Alles muss unternommen werden, um Schleyer zu finden. Wohnungen müssen durchsucht, Fahrzeuge kontrolliert, Informationen gesammelt werden. Die Öffentlichkeit ist schockiert und steht doch hinter den Staatsdienern. Sind die Terroristen diesmal zu weit gegangen? Oder haben sie immer noch Unterstützer in der Bevölkerung?

Aus verschiedenen Blickwinkeln wird die Zeit nach der Entführung Hanns Martin Schleyers geschildert. Da geht es um die fieberhafte Arbeit der Behörden, aber auch um die Gedankenwelt der Politiker, die sich fragen, wie sie mit den Forderungen der Terroristen umgehen sollen, wie weit sie den Rechtsstaat aussetzen können, gar müssen. Doch auch wie die Briefe der Erpresser zu ihren Empfängern gelangen und wie auf die Entführung des Lufthansa Flugzeuges „Landshut“ hingearbeitet wird. Die immer hektischer und verzweifelter wirkenden Politiker und Mitglieder des Stabes, die alles versuchen, um Schleyer zu finden. Nur eines nicht, die Forderungen der Terroristen zu erfüllen.

Der Deutsche Herbst wird diese Zeit genannt, die wohl als unheimliche Bedrohung empfunden wurde und in der viele Fragen aufgeworfen wurden. Wie weit kann der Staat gehen, um an Ermittlungsergebnisse zu kommen? Muss der Staat sich erpressen lassen? Es war sicher eine Bewährungsprobe für den noch jungen Staat, die wohl bestanden wurde, da der Staat noch besteht. Trotz der eher ruhigen Darstellung entwickelt dieser Roman, der zum großen Teil auf Tatschen beruht, einen großen Sog. Und er animiert zum Nachlesen über eine Zeit, die man vielleicht als Kind miterlebt hat oder die einem ob der Jugend doch eher fremd ist. Der Autor kann sich dabei neben seinen eigenen Recherchen auch auf die Erfahrungen seines Vaters stützen, der an den Ermittlungen beteiligt war. Ein packender Thriller über eine der schlimmsten Krisen, die der deutsche Staat zu bestehen hatte.


 

Beliebteste Beiträge in diesem Forum