Rezension Rezension (3/5*) zu Zum Teufel mit Kafka von Zaffarana Maria.

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Die "liebe" Familie

„Eine Bibliothek ist […] keine Arbeitsstätte, sie ist eine Oase der Findung.“ (S. 231)

Es gibt Signalwörter, bei denen – wenn ich sie sehe, lese oder höre – sofort meine innere Sirene losgeht. „Kafka“ ist so ein Signalwort. Entsprechend neugierig war ich auf „Zum Teufel mit Kafka“ von Maria Zaffarana, der ich an dieser Stelle für das Rezensionsexemplar, das Lesezeichen und die beigefügte Karte danke. Das beeinflusst nicht meine Meinung, die nicht ganz so enthusiastisch ausfällt (3*) wie die meiner Mitleser:innen in der Leserunde. So viel schon als „Vorabfazit“.

Leopold ist ´ne arme „Sau“. Das muss man ganz einfach so schonungslos offen sagen. Gesegnet mit der schlimmsten aller vorstellbaren Schwiegermonster, äh –mütter namens Uschi. Schlimmer als diese Beziehung geht nicht. Mordfantasien geben sich die Klinke in die Hand, die zugeworfenen „Nettigkeiten“ verpuffen im Nichts. Nicht wesentlich anders ist das Verhältnis zu seiner Frau Irene. Auch hier gilt (zumindest für die Oberfläche): Hassobjekt…Eine Paartherapie würde den beiden gut tun *g*. Aber wenigstens tritt hier „ab und zu“ mal etwas wie „Zärtlichkeit“ auf den Plan. Die pubertierenden Zwillinge geben Leo den Rest…Es gibt natürlich auch noch seine Eltern, seinen transsexuellen Bruder Alicia sowie den „Lichtblick“ in der Schwiegerfamilie: die schwer übergewichtige Schwester von Uschi, Franka.

All diese Figuren sind bis zur Spitze des Mount Everest überzeichnet; durchaus gewollt und beabsichtigt von der Autorin. Das hat auch bis zu einem gewissen Grad seinen Reiz, nutzt sich aber auf Romandistanz (leider) auch schnell wieder ab. Zumal bis zum Schluss keine der Figuren eine „erkennbare“ Entwicklung durchmacht – wenn man mal von der eher nur am Rand und mit vielen Worten erwähnten Beförderung Leopolds absieht. Letztlich wird in dem Buch jedoch (fast nur) gefuttert, getrunken, intrigiert, gemotzt, gemeckert bis zum sprichwörtlichen Erbrechen. Mal am Nachmittag, mal am Abend.

Bei einigem Schatten hat dieses Buch jedoch auch Lichtblicke zu bieten. Nämlich immer dann, wenn der Bezug und die „Hommage“ an Franz Kafka zutage tritt. Ein tägliches Ritual von Leopold ist es, seinen Freund Gregor zu besuchen, der einsam und verlassen in einem großen Haus wohnt, dass er selten bis gar nicht verlässt. Sein Papagei Madame Lunette sagt beständig und nur „Draußen ist es immer finster.“ Und das meistens drei Mal hintereinander.

Mit der Figur des Gregor hat Maria Zaffarana eine durchaus gelungene „Hommage“ an Franz Kafka erschaffen; ähnlich zurückgezogen lebend, sich nicht als Schriftsteller sehend und ähnlich wie sein real existierendes „Vorbild“ auch hauptsächlich fragmentarisch schreibend. Auch so gibt es im Lauf des Romans ein paar Referenzen an Kafka´s Werk. Auf die Distanz gesehen, hätte ich mir aber ehrlich gesagt mehr dieser Szenen gewünscht; so bleibt es leider bei den recht kurzen „Zwischenspielen“ nach bzw. vor dem nächsten Familienfressen, äh, -treffen *g*.

Insgesamt gesehen und trotz meiner nicht ganz so großen Begeisterung, die hoffentlich deutlich geworden ist, gebe ich 3*.

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