Rezension (3/5*) zu Zone One: Roman (Fischer Taschenbücher, 3450) von Colson Whitehead

GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Eine literarische Zombie-(Post-)Apokalypse - geht das?

Ja, das geht durchaus. Und das bei Colson Whitehead auch gar nicht mal schlecht. Aber leider eben auch nicht so richtig gut, wie von ihm gewohnt.

Dieser 2011 erstveröffentlichte Roman begleitet den Zivilisten "Mark Spitz" über drei Tage hinweg auf seinem vom Militär organisierten Feldzug einer sogenannten Sweeper-Gruppe, die versucht die restlichen Zombies, welche nach einer klassischen Infektionswelle noch übrig sind, aus New York zu tilgen. Die drei Tage machen die drei Teile des Romans aus und erschöpfen sich jedoch nicht in einer platten Splatter-Geschichte, sondern nähren sich von vielen ausführlichen Rückblicken in die Welt vor, während und kurz nach dem Ausbruch.

Es wäre fatal bei Colson Whitehead von einem wenig tiefgründigen Zombie-Roman auszugehen. Er verwebt (natürlich!) das Thema race auch in diesen Roman, wenn auch nicht so präsent wie in seinen aktuelleren Werken. Wichtig sind hierbei die Selbstbeschreibungen und Zuschreibungen, die den Hauptcharakter betreffen. "Mark Spitz" ist nämlich nur der Spitzname des Protagonisten. Seinen wahren Namen erfahren wir nie. Wie er zu dem Spitznamen gekommen ist, verrät jedoch viel über eingebrannte Vorurteile, die in den USA immer noch gegenüber Schwarzen Menschen existieren. Auch beschreibt sich der Protagonist selbst als durchweg mittelmäßig, in allem was er je getan und erreicht hat in der Gesellschaft. Dies lässt Schlüsse auf das Zurechtfinden eines Schwarzen in der Welt der Weißen durchscheinen.

Leider hat das Buch durch die vielen - mitunter essayistisch wirkenden - Rückblicke seine Längen. Sprachlich brilliert Whitehead nicht so stark, wie man dies aus seinen späteren Werken gewöhnt ist. Merkwürdig erscheint, dass die Übersetzung an manchen Stellen wirklich schwach ist. Merkwürdig deswegen, da Nikolaus Stingl auch für spätere Übersetzungen verantwortlich zeichnet. Meine Vermutung: Spätere Werke spielen größtenteils in der Vergangenheit und hantieren daher eher mit älterem Vokabular. Dieses Werk spielt in der nahen Zukunft und verwendet moderne Formulierungen, die sehr holprig übersetzt wurden.

Somit kann ich dem "mittelmäßigen" Protagonisten in und mit diesem Roman leider auch nur eine mittelmäßige Bewertung geben. Es handelt sich um einen grundsätzlich sehr guten - vor allem unter der Prämisse einer Zombie-Apokalypse - Roman, der jedoch durch die Übersetzung an Schwung verliert und holprig wird. Solide, mehr aber leider nicht.

 
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