Rezension Rezension (3/5*) zu Vor Rehen wird gewarnt von Vicki Baum.

sursulapitschi

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18. September 2019
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Toll erzählte Seifenoper

Bei diesem Buch besteht eine arge Diskrepanz zwischen Erzählweise und Erzähltem. Der Stil von Vicky Baum ist zum Niederknien, die Protagonistin dieses Dramas dagegen ist ein wandelndes Klischee, das personifizierte Böse, eine Femme fatale, deren Lebensgeschichte hier ausgerollt wird.

Ann Ambrose war schon immer zart wie ein Reh, elfengleich schön und höchst sensibel und hat schon als Kind diese Eigenschaften als Waffen eingesetzt, um zu erreichen was sie wollte. Im hohen Alter ist sie eine Grande Dame und Meisterin der Manipulation, die ihre Tochter schikaniert, die eigentlich ihre Nichte ist. Nach und nach erfährt man, wie es dazu kam und landet mitten in der schönsten Seifenoper.

Anfangs war ich sehr beeindruckt von diesem wunderbaren Text, den maliziösen Seitenhieben und der feinen Ironie, mit der er geschrieben ist. Das ist großes Kino.
Und anfangs ist auch das Rätsel um diese beiden Frauen sehr spannend, bis man dann merkt, es ist eigentlich gar kein Rätsel. Diese Frau ist einfach böse, schlimm für ihre Tochter und jeden, der mit ihr zu tun hatte, aber durchsichtig wie jede egozentrische Diva und genau so uninteressant.

Es bietet einen leicht gruseligen Thrill zu erfahren, was sie alles getan hat, aber irgendwann wird es einfach zu viel. Da geht jemand über Leichen, bekommt was er will und lernt nichts dazu, das ist vielleicht ungewöhnlich, aber nicht besonders interessant. Nach etwa der Hälfte des Buches hat mich nur noch der tolle Stil bei der Stange gehalten, aber immerhin tut er das. Das schön gelesene Hörbuch ist auch durchaus hörenswert, ändert aber nichts an der Geschichte.

„Vor Rehen wird gewarnt“ ist vermutlich zu Recht ein eher unbekanntes Werk einer genialen Autorin und sollte das wohl auch bleiben. Lest was anderes, sie hat genug geschrieben.


 

Literaturhexle

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„Vor Rehen wird gewarnt“ ist vermutlich zu Recht ein eher unbekanntes Werk einer genialen Autorin und sollte das wohl auch bleiben. Lest was anderes, sie hat genug geschrieben.
Nein, da muss ich dir vehement widersprechen! Auch ich habe das gut gelesene Hörbuch genossen - allerdings bis zum Schluss. Natürlich bleibt das Strickmuster Anns gleich, sie ändert sich nicht, sucht ihren Vorteil, nutzt ihr Umfeld - und hier insbesondere ihre Stieftochter latent aus, manipuliert deren Leben. Das hat mich aber nicht eine Sekunde gelangweilt oder abgehängt! Der Stil Vicki Baums ist dazu äußerst gelungen, da bin ich bei dir.
In meiner Kurzrezension in meinem Tagebuch habe ich glockenklare 5/5 Sterne vergeben :)
 
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Literaturhexle

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Ich möchte gar nicht werten, meine Lektüre von "Menschen im Hotel" liegt schon länger zurück, ich fand es aber auch herausragend.
Man sollte einfach beide lesen. Mit Frau Roggenkamp stimme ich komplett überein: Hätte ich das Buch gehabt, hätte ich in diesem Fall auch nachschlagen müssen, ob die Hexe überlebt...
Beim Hörbuch musste ich dadurch ;)
 
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RuLeka

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Toll erzählte Seifenoper


Bei diesem Buch besteht eine arge Diskrepanz zwischen Erzählweise und Erzähltem. Der Stil von Vicky Baum ist zum Niederknien, die Protagonistin dieses Dramas dagegen ist ein wandelndes Klischee, das personifizierte Böse, eine Femme fatale, deren Lebensgeschichte hier ausgerollt wird.

Ann Ambrose war schon immer zart wie ein Reh, elfengleich schön und höchst sensibel und hat schon als Kind diese Eigenschaften als Waffen eingesetzt, um zu erreichen was sie wollte. Im hohen Alter ist sie eine Grande Dame und Meisterin der Manipulation, die ihre Tochter schikaniert, die eigentlich ihre Nichte ist. Nach und nach erfährt man, wie es dazu kam und landet mitten in der schönsten Seifenoper.

Anfangs war ich sehr beeindruckt von diesem wunderbaren Text, den maliziösen Seitenhieben und der feinen Ironie, mit der er geschrieben ist. Das ist großes Kino.
Und anfangs ist auch das Rätsel um diese beiden Frauen sehr spannend, bis man dann merkt, es ist eigentlich gar kein Rätsel. Diese Frau ist einfach böse, schlimm für ihre Tochter und jeden, der mit ihr zu tun hatte, aber durchsichtig wie jede egozentrische Diva und genau so uninteressant.

Es bietet einen leicht gruseligen Thrill zu erfahren, was sie alles getan hat, aber irgendwann wird es einfach zu viel. Da geht jemand über Leichen, bekommt was er will und lernt nichts dazu, das ist vielleicht ungewöhnlich, aber nicht besonders interessant. Nach etwa der Hälfte des Buches hat mich nur noch der tolle Stil bei der Stange gehalten, aber immerhin tut er das. Das schön gelesene Hörbuch ist auch durchaus hörenswert, ändert aber nichts an der Geschichte.

„Vor Rehen wird gewarnt“ ist vermutlich zu Recht ein eher unbekanntes Werk einer genialen Autorin und sollte das wohl auch bleiben. Lest was anderes, sie hat genug geschrieben.



Mir hat das Buch einige gute Lesestunden geschenkt. Vicki Baum erzählt toll von einer zutiefst unsympathischen Frau. Obwohl diese so offensichtlich ( zumindest für den Leser ) böse und intrigant ist , findet sie genügend Menschen, die ihr in die Falle gegen. Meine Empfehlung: lest diesen grandiosen Roman einer Autorin, die nicht vergessen werden sollte. Aber natürlich sollt ihr auch die anderen Bücher von Vicki Baum lesen, „ Menschen im Hotel“ ist auch eine gute Menschenstudie und ein spannendes Zeitbild.
 
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