Rezension (3/5*) zu Todsichere Rezepte für die moderne Hausfrau von Karma Brown

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Kochen wie Nellie

Greenville, USA, in den 1950ern: Nellie und Richard Murdoch sind ein junges Ehepaar. Richard ist Direktor einer Kaugummifabrik und Nellie kümmert sich um Haus und Garten. Nach außen wirkt alles perfekt. Nur Nellie ist nicht glücklich mit ihrem Hausfrauendasein. Richard ist ein Despot, der schon mal handgreiflich wird. Doch Nellie weiß sich zu helfen, immerhin kennt sie sich aus bei dem was so alles in ihrem Garten wächst.

Greenville, 2018: Alice und Nate Hale ziehen aus New York in den Vorort. Während Nate nun täglich in die Stadt pendelt, will sich die gerade beschäftigungslose Alice dem Schreiben widmen. Die junge Frau, die den Trubel der Großstadt und ihre Freundin vermisst, ist sehr unzufrieden mit ihrer derzeitigen Lebenssituation. Doch dann findet Alice im Keller ein Kochbuch, das offensichtlich der Vorbesitzerin des Hauses gehörte, und Alices Leben bekommt neue „Würze“.

„Todsichere Rezepte für die modernen Hausfrau“, der recht witzige Titel des Romans der kanadischen Autorin Karma Brown, hat mich regelrecht angelacht.

Auf zwei Zeitebenen folgen wir den beiden Heldinnen dieses Buches. Verbunden ist die Geschichte durch das Haus, das beide Frauen bewohnen und die doch recht eigenwillige Rezeptsammlung, die Nellie Murdoch hinterlassen hat.

Nellie und Richard leben das klassische Rollenbild der 50er Jahre. Er erfolgreicher Geschäftsmann, sie die brave Hausfrau. Haus. Küche. Garten. Kinder. Hinter die Fassade lässt niemand blicken. Die hübsch zurechtgemachte, stille, brave Ehefrau, stets dem Mann zu Diensten, die weiß was er will, bevor er es selbst weiß. Wie schön, dass wir heut von diesem Denken meilenweit entfernt sind, oder?

Umso erstaunlicher ist der Lebensentwurf des Ehepaares Hale. Alice, die sich beruflich einen großen Fauxpas geleistet hat, regrediert nach ihrem Umzug aus New York immer schneller zum Heimchen am Herd, anfangs lustlos, doch je mehr sie in Nellies Notizen versinkt, immer schneller.
Während Nellies Geschichte dieser Frau gegenüber Empathie erzeugt, wird Alice in ihrem Verhalten immer seltsamer und unglaubwürdiger.

Das Cover des Buches zeigt eine adrette Hausfrau, die Ausführung des Buches selbst ist innen weniger adrett. Dünne Seiten, gelegentlich verschmierter Druck und Fehler, die dem Lektorat wohl entgangen sind, lassen etwas zu wünschen übrig. Der versprochene Pageturner“ erzählt eine böse Geschichte, schnell und flockig. Neben der unterschwelligen Spannung, die sich mehr und mehr aufbaut, lässt das Buch aber auch aufmerken, dass unsere wohl erworbenen Rechte zu hegen und zu pflegen sind und wir mit diesen Errungenschaften nicht leichtfertig umgehen sollten.

Übrigens, wer sich ansprechende Rezepte erwartet hat, wird hier nicht bedient. Auch ohne „geheime Zutaten“ würde ich nicht empfehlen, die Klassiker der amerikanischen Hausmannskost auszuprobieren. So viele leere Kilometer in der Ernährung würden allerdings so manches erklären.