Rezension (3/5*) zu Todsichere Rezepte für die moderne Hausfrau von Karma Brown

Amena25

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23. Oktober 2016
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Hatte mir deutlich mehr versprochen


,,Seien Sie eine gute Zuhörerin. Lassen Sie sich von ihm seine Probleme berichten; verglichen damit werden die Ihren banal erscheinen.“
Mit solch wohlmeinenden Ratschlägen wurden die Frauen bis weit ins 20 Jahrhundert hinein von sogenannten ,,Ratgeberbüchern für die gute Ehefrau“ erzogen. Diese ,,Ratschläge“ dienen als vorausdeutende Kapitelüberschriften, die Kapitelnummern sind in ein kleines Nudelholz gesetzt, was sehr gut zum 50er-Jahre-Cover des Romans passt.
Erzählt wird die Geschichte zweier Frauen, die sich zwar nicht mehr kennenlernen können, deren Leben aber indirekt, in einem Haus, das beide zu unterschiedlichen Zeiten bewohnen, aufeinandertreffen.
Alice zieht 2018 mit ihrem Mann Nate in ein großes, heruntergekommenes Haus in Greenville, einem Vorort New Yorks. Die beiden sind relativ frisch verheiratet. Nates Wunsch nach Kindern und einem Haus mit Garten stößt bei Alice nicht auf große Begeisterung. Allerdings hat sie kürzlich ihren PR-Job gekündigt, weswegen sie nicht darauf bestehen kann, in Manhattan wohnen zu bleiben. Eigentlich plant sie, einen Roman zu schreiben, doch Alice kommt nicht voran. Nach und nach erfährt man, aus welchen Gründen sie ihren Job verloren hat und dass sie ihren Mann darüber belogen hat. Im Keller der alten Villa entdeckt sie ein mit persönlichen Kommentaren versehenes Kochbuch, und beginnt, die Rezepte auszuprobieren. Als sie dann auch noch einen Stapel nicht abgeschickter Briefe Nellies, der früheren Bewohnerin des Hauses findet, beginnt sie Nachforschungen anzustellen.
Nellie lebte in den 50er Jahren mit ihrem Mann Richard in der Villa. Als frischvermählte Frau setzt sie große Hoffnungen in die Ehe. Doch schon sehr bald muss sie erkennen, dass das erhoffte Familienglück eine Illusion war. Richard betrügt sie und wird zunehmend gewalttätig ihr gegenüber. Ihre einzigen Kontakte sind Nachbarinnen und andere Ehefrauen, die sich offenbar mehr als willig in ihre klischeehafte Rolle fügen konnten. Einzig eine ältere Nachbarin, Miriam, scheint Nellies Situation zu durchschauen und bietet ihr Trost und Hilfe.
In verschiedenen Kapiteln werden Alices und Nellies Geschichte parallel erzählt. Und so wie Nellie sich allmählich von Richard emanzipieren und sich, mit ganz speziellen Mitteln, gegen ihn zur Wehr setzen kann, entwickelt sich Alice immer stärker in Richtung Hausfrau. Während man Nellies Entwicklung noch mit Empathie mitverfolgt und sie als trauriges Opfer ihrer Zeit sieht, das sich endlich zur Wehr setzt, wundert und ärgert man sich immer mehr über Alice. Ihr Verhalten ist geprägt von Lügen, sich selbst, ihren Freuden, selbst ihrem Ehemann gegenüber. Sie scheint nie so recht zu wissen, was sie will. Außer am Ende, und genau dann verstehe ich ihr Verhalten am allerwenigsten.
Trotz der an sich originellen Idee, zwei Frauenleben auf zwei Zeitebenen in ein- und demselben Haus anzusiedeln und sie mit Hilfe eines Kochbuchs zu verknüpfen, finde ich den Handlungsstrang rund um Alice ziemlich nervig und klischeebeladen. Schade, von dem Nr.-1-Bestseller hatte ich mir deutlich mehr versprochen.


 
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